Originaltitel: LE LYCÉEN

F 2022, 123 min
FSK 16
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Paul Kircher, Juliette Binoche, Vincent Lacoste

Regie: Christophe Honoré

Kinostart: 30.03.23

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Der Gymnasiast

Farben der Trauer

Christophe Honoré will wohl Musterschüler sein, weswegen in seinem Film etliche Figuren in allerlei Situationen Maske tragen müssen. Großes Bienchen ... Nachdem gottlob fast alle Filmemacher in 2020-2022 es vermieden haben, ihre ja letztlich ohne jeden pandemischen Zusammenhang erzählten Geschichten auch eben ohne diesen Unfug zu „verzieren“, saß der furchtsam-solidarische Honoré in seinem Streben um Korrektheit einer nicht nur rückblickend hohlen Zeitgeistmasche auf.

Und trotzdem: Von diesem der Intensität des Films so gar nicht zuträglichen Mätzchen lasse ich mir DER GYMNASIAST nicht verderben, denn es ist ein großartiger Film über eine geprüfte Familie, ein empathisches Werk über einen irritierten Jungen und eine berührende Geschichte über die Farben der Trauer geworden.

Ein schwerer Verlust in der Familie ist zu beklagen, am heftigsten trifft es den 17jährigen Lucas, ein niedlicher Bengel mit einnehmendem Mädchengesicht. Sein stilles Lächeln in der Trauergemeinde kann über den tiefen Schmerz nicht hinwegtäuschen. Sein Bruder nimmt ihn kurz darauf mit nach Paris, Lucas wird Männer treffen, sich verlieben, um zu vergessen, und er wird der Verzweiflung noch viel näherkommen.

Stark, wie Honoré auch von der Explosivität einer leidenschaftlichen Brüderbeziehung erzählt, wenn plötzlich Unversehrtheit zum Gestern wird, Leben sich in Sekundenschnelle in Jetzt und Vorher teilt, wie hart und dünnhäutig zugleich der Tod uns macht. Paul Kircher als Lucas ist beeindruckend, Vincent Lacoste als dessen Bruder ebenso, doch Juliette Binoche als deren Mutter, sie wirft einen regelrecht um – konzentriert, uneitel, ohne jeden spielerischen Tick.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.