Originaltitel: THE LAST KING OF SCOTLAND

GB 2006, 123 min
Verleih: Fox

Genre: Drama, Polit

Darsteller: Forest Whitaker, James McAvoy, Kerry Washington

Regie: Kevin McDonald

Kinostart: 15.03.07

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Der letzte König von Schottland

Reise ins Herz der Finsternis

Zu behaupten, Ugandas ehemaliger blutiger Diktator und Ultra-Nationalist Idi Amin habe sich für einen schottischen König im Geiste gehalten, wie es der Roman von Giles Foden tut und jetzt die Verfilmung, ist schon gewagt. Die Grauzone zwischen Tatsachen und Fiktion ist hier sehr groß, zumal sich der unbedarfte Europäer im Thema nicht auskennt. Richtig ist, daß die Briten Amin 1971 aufbauten und fallen ließen, und daß er eine gefährlich charismatische Führerpersönlichkeit war.

Aber genug der Politik. Denn daß er ein klassisch gebauter und höchst spannender Thriller ist, daran läßt der Film keinen Zweifel. Um den Zuschauer trotzdem gefühlsmäßig ins Herz der Diktatur eintauchen zu lassen, wird aus der Perspektive eines unbedarften, schottischen Europäers erzählt. Der junge Arzt Nicholas kommt nach Uganda, um ein wenig Abenteuer zu erleben und Berufs-erfahrung zu sammeln, ausgerechnet am Tag des Militärputsches. Gut gelaunt und offen für alles bleibt er nicht lange in seiner Krankenstation im Busch sitzen, sondern steigt zum Leibarzt von Amin und seiner vier Frauen auf, badet in Luxus und genießt die mächtige Stellung eines persönlichen Vertrauten. Bis er dahinter kommt, daß sein exotischer Mentor ein unberechenbares Monster ist.

Pragmatisch angelegt gelingt die Charakterisierung des verspielten Europäers doch so gut, daß der Konflikt, in den er durch die plötzliche Erkenntnis seiner Mittäterschaft gestürzt wird, zum eigentlichen Thema gereicht. Die seltsame Anziehungskraft zwischen Nicholas und Amin ist im Rahmen eines Vater-Sohn-Verhältnisses zu sehen. Die ganze Ambivalenz ist gleich in der ersten Begegnung präsent. Amins Wagen hatte einen Unfall mit einem Bullen. Der Diktator steht selbst wie ein aufgescheuchtes Tier vor dem brüllenden, sterbenden Wesen. Die Unruhe nimmt überhand und entlädt sich, als der überforderte Nicholas, der Amin eigentlich verbinden soll, kurzerhand dessen Waffe greift und den Bullen erschießt.

Starke Bilder, gepaart mit konsequentem 70er-Flair und groovigem Soundtrack, die zum Ende hin allerdings auch starke Nerven verlangen. Daß sich der junge törichte Mann dann noch mit Amins Frau einlassen muß ... Na gut. Dafür ist es eben Fiktion.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...