Originaltitel: LA TIGRE E LA NEVE

I 114 min
Verleih: Concorde

Genre: Poesie, Liebe, Tragikomödie

Darsteller: Roberto Benigni, Nicoletta Braschi, Jean Reno

Regie: Roberto Benigni

Kinostart: 30.03.06

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Der Tiger und der Schnee

Benignis Märchen der tausend und zweiten Nacht

Jede Nacht träumt Roberto Benigni von Tom Waits, seinem alten Weggefährten aus DOWN BY LAW. Das heißt, eigentlich träumt er von Vittoria, seiner Idealfrau, die er allnächtlich unter märchenhaften Bedingungen heiratet, und Tom Waits am Klavier gibt dazu den selig stimmenden Schunkelton an. Eigentlich heißt der Träumer auch nicht Benigni, sondern Attilio, Autor des schmalen Erzählbandes "Der Tiger und der Schnee" und Dozent für Dichtkunst in Rom. Doch in welche Rolle der clowneske Romantiker Benigni auch schlüpft, er bleibt doch stets er selbst. Das Leben ist bei ihm immer noch schön, auch zu Zeiten des Irakkrieges.

Von Politik will Attilio nichts wissen, nur von Liebe. Je wortreicher und heftiger er jedoch um Vittoria wirbt, desto unerreichbarer wird sie für ihn, bis sie schließlich ausgerechnet zu Kriegsbeginn in Bagdad landet. Sie will ein Buch über Attilios irakischen Kollegen Fuad schreiben und wird durch einen Bombenanschlag ins Koma versetzt. Schon am nächsten Tag gelangt Attilio auf irrwitzige Weise zu ihr nach Bagdad, wacht als geheimer Beschützer über sie und löst zwischen Versorgungsmangel und Minenfeldern die abenteuerlichsten Aufgaben, um ihr Leben zu retten. Attilio ist ein Träumer und Don Quichotte im Dienste der Liebe, ein unverbesserlicher Lebensbejaher vor dem Hintergrund von Zerstörung und Not.

Benigni ist mit diesem Märchen bei aller Absurdität ein wahres Stück Kino gelungen, das nicht nur durch seinen unerhörten Wortschwall, sondern auch durch erzählerisches Geschick und eine zum Teil zauberhafte Bildsprache getragen wird. Politisch ist diese Geschichte eines Unpolitischen zwar nicht. Vielmehr wird selbst Bagdad wieder zum Ort der Märchen. Doch auch das ist heilsam. Attilio bewegt sich ausdrücklich in einer zweiten Realität, in einem anderen, bereits vergessenen Bagdad.

Genauso wie Tom Waits Leierkastenstimme sollte man natürlich Benignis Zappelei ertragen können. Doch auch sonst wird man sich eine Träne kaum verkneifen können angesichts der hundertprozentig romantischen und keineswegs faden Auflösung der Geschichte.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...