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Der Überfall

Lachanfall, Herzanfall und Fall der Masken

Ein junger Arbeitsloser, ein Wohnungsloser, ein Loser schlechthin. Seinesgleichen heißt man in Österreich einen "Turnpatschenmarschierer". Das Maß des Selbsthasses wird füllig, als am Faschingsdienstag sein fernes Söhnchen Geburtstag hat, das Ultimatum für die Alimente abgelaufen ist. Der junge Mann klebt sich eine dämliche Clownsnase ins Gesicht. Schief hängt die jammervolle Perücke, und der Heldenmut verläßt ihn bereits an der Supermarktkasse.

Er flieht in die gegenüberliegende Schneiderei. Außer lachhaften 800 Schillingen sind hier nur der harmlose Schneider und ein verschreckter Kunde auszumachen. In dem Moment, als sich der erfolgfreie Gauner empfehlen will, nähern sich Polizeisirenen aufs Bedrohlichste. Der Supermarkt wurde tatsächlich überfallen. In der Schneiderei entspinnt sich nun ein unfreiwilliges Geiseldrama, das als Filmidee durchaus originell ist. Je länger die Straße abgesperrt wird, desto wirklicher steht alles zu befürchten: das Verdampfen oder die Eskalation extremster Gefühle.

Der Geiselnehmer muß erstmalig die Kontrolle über etwas übernehmen und ist damit sichtlich überfordert. Das harmlose Schneiderlein entpuppt sich als verkappter Sadist und Lustmolch. (Anfrage: Gehört die üppige Pornographiesammlung nach dem zigsten Film inzwischen zur Grundausstattung jeder österreichischen Privatbibliothek?) Im Zentrum der makabren Troika jedoch steht Josef Hader. Es ist eine Wonne zu beobachten, welche Nuancen er dem Prototypen des Spießbürgers abtrotzt. Ein grandioser Darsteller, hier mit Postbeamtenblick, herzkrank und nicht aus Not, sondern eher aus Augenblickslaune zum Denunzieren bereit.

Regisseur Florian Flicker bezeichnete diese Rolle als den "Österreicher schlechthin: ja nicht Stellung beziehen, zur Not intrigieren und vor allem immer das Opfer sein wollen". Als ob dies sonderlich neu wäre. Dem masochistischen Bergvolk sei daher angeraten, seinen schwerfälligen Dialekt nicht als Weltsprache zu begreifen, sondern als akustische Störung.

Österreich 2000, 84 min
Verleih: Advanced

Genre: Komödie, Krimi

Darsteller: Roland Düringer, Josef Hader, Joachim Bißmeier

Regie: Florian Flicker

Kinostart: 15.11.01

[ Angela Rändel ]