Originaltitel: COLOR OUT OF SPACE

USA 2019, 113 min
FSK 16
Verleih: Drop-Out Cinema

Genre: Science Fiction, Horror, Literaturverfilmung

Darsteller: Nicolas Cage, Q’Orianka Kilcher, Joely Richardson, Tommy Chong

Regie: Richard Stanley

Kinostart: 05.03.20

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Die Farbe aus dem All

Mischung mortale: Blut, Schleim und Nicolas Cage

Aus ungeklärter Ursache will uns das filmische Universum ja permanent ans Leder, Böses kommt von oben auf Mutter Erde, in Gestalt von Aliens, Gallertmasse, sonstigem Viehzeug oder Pflanzen. Und jetzt als Farbe, konkret Pink-Lila, der sprichwörtliche letzte Versuch kombiniert mit Scheußlichkeit per se. Jener Mix leuchtet aus einem – klar! – eingeschlagenen Meteoriten und beeindruckt Familie Gardner, zurückgezogene Bewohner eines Waldhauses, exakt abgeranzt genug, um pittoresk zu wirken, ohne schäbig auszusehen. Vorerst passiert nix, doch dann blühen unbekannte Blumen, Sohn Jack findet imaginäre Freunde, eine putzig animierte außerirdische Gottesanbeterin flattert Runden. Eigentlich ganz nette Sache, bis plötzlich der schrecklichste Horror überhaupt zuschlägt: gestörter Handyempfang!

Schlimmer mag’s den heutigen Menschen nun kaum treffen, trotzdem probiert besagtes Pink-Lila testweise Verschiedenes aus, zwingt zunächst Mama Theresa, nicht bloß Möhren zu schneiden. The First Cut Is The Deepest? Irrtum. Tochter Lavinia, intime Kennerin des Necronomicon, wird gleichfalls (freiwillig) bluten, und was nach etwa 70 Minuten geschieht, kann man lediglich stark untertrieben „bizarr“ nennen: Mutter-Kind-Bindung auf rechtschaffen abgefahrene Spitzenwerte gehoben …

Nebel wallt rasanten Tempos, herrlich 80er-mäßige, teils auch ungelenke praktische Effekte zeigen CGI-Blödsinn beim glibberigen Schleimen, daß zugeneigtes Handwerk selbst aus engen Budgets manches rausholt, ein Horrorfilmfamilienhundedasein endet natürlich vorzeitig. Und DUST DEVIL-Regisseur Richard Stanley reicht Fans des Abseitigen und Dunklen ein echtes Geschenk. Hübsch verpackt ist’s außerdem, hüllt sich in Zwielicht und verwunschene Märchenatmosphäre, schaudernd schön, einem Nachtspaziergang durchs Gehölz oder über einen verlassenen Friedhof verwandt. Nur auf verschlungenen und verschlingenden pinken Pfaden.

Zugegeben, das grüßt die Lovecraftsche Vorlage eher aus einiger Entfernung, unternimmt wenig ernsthafte Anstrengung, ihren Geist zu atmen. Und tut vielleicht, angesichts der Vielzahl dieses zwanghaft versuchender und glorios scheiternder Vorgänger, genau daran gut. Stanley verrennt sich nicht in Erwartungshaltungen, er weiß um seine Stärken und spielt sie aus, darunter fällt qualitatives Augenmaß: besser ein extremer Close-Up, als die relativ preiswerten Kreaturen ausgedehnt zu dokumentieren. Schocks effizient dosieren, ehe sie zum müde rumpelnden Jump-Scare-Gewitter versumpfen. Und, wie in eben DUST DEVIL oder M.A.R.K. 13 – HARDWARE erlebt, immer Eigenwilligkeit beweisen.

Aber auf Nummer sicher gehen, wenn nötig, wozu die Besetzung Nicolas Cages zählt. Interessiert sich heuer irgendwer für Cages OSCAR-Gewinn 1996? Oder liebt man ihn für seine seit WICKER MAN – RITUAL DES BÖSEN zunehmend durchgeknallten Performances? Rhetorische Frage. Und so dreht der Mann erneut völlig frei, trinkt warmlaufend dezent irren Blickes Alpaka-Milch, frisch vom Tier gezapft, bevor’s richtig losgeht: Das seinen Dienst versagende Auto wird unter „Fucking Cocksucker!“-Gebrüll zusammengeprügelt, aufgestaute Wut an Gemüse ausgelassen. In zweitgenannter Szene möchte Joely „Theresa“ Richardson gar mithalten – grandioses Doppel überagierenden Wahnsinns, Vorbote eines Finales, dessen komplett hemmungsbefreite Lichtstürme den Zuschauer regelrecht physisch attackieren, sich zur visuellen Grenzüberschreitung steigern.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...