D/CH 2016, 103 min
FSK 0
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie

Darsteller: Katharina Schüttler, Peter Simonischek, Christiane Paul, Martin Feifel, Hannelore Elsner, Steffen Groth, Ewi Rodriguez

Regie: Dani Levy

Kinostart: 13.10.16

3 Bewertungen

Die Welt der Wunderlichs

Töchter und Söhne Mannheims

Ist schon so: Wenn im deutschen Kino mal wieder gelacht werden soll, dürfen zu häufig die Leichtmatrosen um Schweiger, Schweighöfer & Co ans Steuer. Und dann wird es vor allem eines: witzlos. Und öde in Sepia. Peinlich sowieso. Einer, der viel zu selten fürs deutsche Lachkino arbeitet, ist der Schweizer Dani Levy. Warum eigentlich? Sein ALLES AUF ZUCKER! gehört bei allem rustikalen Humor, der Levy neben feinen jüdischen Pointen auch bestens liegt, noch immer zum Witzigsten, was der deutsche Film in den letzten Dekaden hergab. Gut, der war einst für die Glotze gedacht, wurde aber rübergerettet. Und dann? Dauerte es einfach immer viel zu lange, bis Levy sein Kinopublikum wieder zum Lachen bringen durfte, ein eigenwilliger Zustand, der zumindest in diesem Herbst ein Ende findet.

Denn Levy, der Zampano der chaotischen Familienkomödie, gibt uns einmal mehr mit DIE WELT DER WUNDERLICHS Einblick in das Tohuwabohu, das Familie nun einmal bedeutet. Irgendwie mag man schon schmunzeln, wenn Levy seine Geschichte nach Mannheim packt. Ich meine, nix gegen Mannheim, aber fürs Kino aus eben dieser, bleiben wir höflich, nüchternen Stadt zu erzählen ... Funktioniert aber prächtig, gerade weil es irgendwie auch ums Durchboxen und Rauskommen aus der Mittelmäßigkeit geht. Mimi ist eine Alleinkämpferin, ihr Ex-Mann ein saufender, abgehalfterter Rockstar, das gemeinsame Kind Felix eine anstrengende, hyperaktive Blage. Der Knabe schließt schon mal seine Lehrerin im Schrank ein, dafür hat er indes gute Gründe: „Frau Schmidt ist kein Mensch!“ Und als Mimi ob des unbändigen Kindes mal wieder in die Schule zitiert wird, sagt sie einen der typischen Levy-Sätze: „Vielleicht könnte man ihn einfach öfter schlagen? Wie in den guten alten Zeiten!“

Es sind nicht wenige dieser lustigen, teils auch brachialen Einblicke in das Leben einer überforderten Frau, Mutter und Tochter, man leidet schon ein wenig mit, auch weil Katharina Schüttler, trotz ihrer noch immer gewöhnungsbedürftigen schneidenden Stimme, Mimi ein großes Maß an Sympathie verleiht. Wie soll es auch leicht sein, wenn man seinen Job verliert, ein ziemlich seltsamer Typ einem nachstellt, man zudem Leute um sich hat, die vom Wahnsinn umzingelt scheinen? Denn: Die Mutter kostet hypochondrische Attacken zwischen Tumorangst und hysterischem Sterbewillen aufs Köstlichste aus, der manisch-depressive Vater beklaut gar seinen Enkel, und der eigene Sohn meldet Mama bei einer Castingshow an, weil sie ja so hübsch singen kann.

Letztere Aktion ist dann auch der Schlüssel zu einem sehr schönen Aufbruch, der in Chaos, Übersturz und Tempo durchaus an den Roadtrip in LITTLE MISS SUNSHINE erinnert. Warum Levy allerdings die Talentshow selbst derart ausreizt und ausgerechnet Eierfeilen wie Sabrina Setlur und Thomas Anders ans Set ließ, bleibt rätselhaft. Dem Film indes schadet das wenig, der Zuschauer hat einfach genug Spaß daran, wenn die feine Schauspielergarde mit einer ungezügelten Spielfreude dem Affen so richtig Zucker geben darf. Wann gibt’s das schon mal im deutschen Kino? Eben.

DIE WELT DER WUNDERLICHS ist herrlich wüst und zutiefst menschlich gleichermaßen, und mit seiner schrägen Schnoddrigkeit gibt Levy dem deutschen Film das zurück, was ihm häufig so schmerzlich fehlt: Leichtigkeit.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.