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Die Widerständigen

Eine Bewegung im neuen Licht der Betrachtung

Hans und Sophie Scholl sind Helden, die leider in den Geschichtsstunden verkürzt schon fast zu Mythen verklärt werden: Da gab es die Widerstandsgruppe Weiße Rose, die Geschwister lassen Flugblätter in den Lichthof der Uni München regnen und werden von den Nationalsozialisten abgeurteilt und ermordet. Katrin Seybold nun gibt den Geschwistern Scholl ihren geradlinigen Charakter, ihre Jugend und ihre politischen Aussagen zurück und uns als Zuschauer eine Fülle an Hintergrundinformationen.

Information zu einer Bewegung (und deren Auflösung), die sich aus unglaublich gebildeten und mutigen Menschen zusammenfand und über die Grenzen von München hinaus in den Jahren 1942 und 1943 den Widerstand gegen Hitler und sein System organisierte. Seybold hat Mitstreiter, Freunde und Verwandte der Scholls gefunden, die vor der Kamera erzählen und dafür auch den Platz eingeräumt bekommen, der einer ernsthaften Auseinandersetzung mit Zeitzeugen angemessen ist. Sparsam und bewußt setzt die Regisseurin Bilddokumente und Archivmaterial ein, welche eine eigenständige Ebene einnehmen und nicht nur einfach zur Bebilderung des Gesagten gebraucht werden.

Berührend schildert beispielsweise die Tochter des Philosophieprofessors Dr. Kurt Huber, wie sie ihren Vater ein letztes Mal im Gefängnis besuchte. Huber hatte sich mit den jungen Leuten um Hans Scholl in langen Gesprächen über die ethische Möglichkeit eines Tyrannenmordes auseinandergesetzt, Texte für die insgesamt sechs Flugblätter der Weißen Rose verfaßt und war dafür ebenfalls zum Tode verurteilt worden.

Aber auch die Täter werden gezeigt – Richter, Henker, Gestapobeamte, die die Verhöre leiteten. Einige richteten sich nach dem Fall Hitlers selbst, ein paar fanden im neuen System eine gute Anstellung, und nur einer wurde tatsächlich verurteilt. Der Film stellt durch seine klare Gegenüberstellung von Lebensläufen und Denk-richtungen die schwergewichtige Frage nach der Mitverantwortung des Bürgers für die Politik seines Staates und zeigt sehr deutlich, daß es möglich war, zumindest zu versuchen, wie Hans Scholl formulierte, „dem Rad der Geschichte in die Speichen zu greifen.“

Deshalb ist Katrin Seybolds unprätentiöse, sehr klassisch gehaltene Dokumentation ein wichtiger Film zur richtigen Zeit, sind doch – auch mediale – Tendenzen spürbar, die eine Umkehrung der Opferfrage betreiben.

D/USA 2008, 92 min
Verleih: Basis

Genre: Dokumentation, Polit

Regie: Katrin Seybold

Kinostart: 05.03.09