Originaltitel: AN UNFINISHED LIFE

USA 2005, 107 min
Verleih: Tobis

Genre: Drama, Western

Darsteller: Robert Redford, Jennifer Lopez, Josh Lucas, Morgan Freeman

Regie: Lasse Hallström

Kinostart: 24.11.05

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Ein ungezähmtes Leben

Großes Panoramakino um Schuld und Sühne

In den ersten Bildern dieses ganz und gar fabelhaften Films tauchen zwei Bären auf. Der eine tat Böses, er hat einst Mitch schwer verletzt und streift nun immer wieder um die einsame Ranch in der Weite Wyomings. Der zweite Grizzly tut Gutes, denn er kehrt endlich wieder mit einer ganz starken Rolle auf die Leinwand zurück: Robert Redford. Mit rauhbeinigem Charme, jeder Menge Gebirgskrater im dennoch irgendwie jungenhaften Gesicht gibt er den einsamen Farmer Einar Gilkyson, der sich um seinen alten, nun pflegebedürftigen Kumpel Mitch kümmert.

Seit dem Tod seines Sohnes Griff glaubt Einar kaum noch an das Gute in der Welt, und entsprechend reagiert er, als seine Schwiegertochter Jean auftaucht. Einar gibt ihr die Schuld am Tod seines Jungen, sie fuhren damals zusammen in dem verunglückten Auto. Nun steht Jean mit einem kleinen Mädchen an der Hand, Griffs Tochter, auf seiner Ranch. Sie sind auf der Flucht vor Jeans gewalttätigen Liebhaber. Eine schwierige, zähe Annäherung nimmt ihren Lauf.

Lasse Hallström kann also doch, wenn er nur will. Vergessen sei daher die Schmach mit der albernen Süßholzraspelei in CHOCOLAT, schon jetzt verziehen die demnächst startende Banalität CASANOVA. Denn Hallström findet in dieser aufwühlenden und von einem brillanten Schauspielerensemble getragenen Geschichte um seelische Vernarbungen einen ganz ähnlichen Ton wie schon bei GOTTES WERK UND TEUFELS BEITRAG. Mit subtilen Bildern und stummen Blicken werden Gefühle nicht auserzählt, vielmehr entwirft Hallström wage Skizzen eines Prozesses, der sich schmerzlich um Stolz, Schuld und ums Verzeihen dreht. Er ist - wie damals bei Dr. Larch und Homer Wells - ganz nah dran an den emotionalen Kriegschauplätzen seiner vom Leben geforderten Figuren, und er schafft es auch hier, daß einem die Knie weich werden, wenn Jean und Einar ganz langsam klar wird, daß man nur das eine Leben hat, in dem man sich besinnen, verzeihen und vielleicht auch zusammen tun kann. Und diese schroffen und dennoch ergreifenden Auseinandersetzungen werden von atemberaubend komponierten Bildern begleitet, so wie man’s aus den guten alten Western kennt.

Nebenher fabuliert Hallström in den knorrigen Dialogen zwischen Mitch und Einar erfrischend kauzig von der Bürde des Älterwerdens, wobei man nicht übersehen kann, daß der alte Filmbär Redford selbst in Jeans noch immer eine anstandslos gute Figur macht.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.