Originaltitel: AN INCONVENIENT TRUTH

USA 2006, 100 min
Verleih: UIP

Genre: Dokumentation, Polit

Darsteller: Al Gore

Regie: Davis Guggenheim

Kinostart: 12.10.06

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Eine unbequeme Wahrheit

The Show Must Go On

Stellen Sie sich vor, Sie hätten noch nie was von der globalen Erwärmung gehört, sie wüßten nicht, daß Gletscher schmelzen, Seen austrocknen und der Meeresspiegel steigt, daß Tornados und Wirbelstürme sich häufen ... Stellen Sie sich einfach vor, sie hätten keine Ahnung. Wenn Sie soweit sind, können Sie sich eine Kinokarte kaufen und bekommen die ganze UNBEQUEME WAHRHEIT präsentiert, höchst anschaulich. Kein Geringerer als der Ex-Vizepräsident der USA, Al Gore, wird nach der Werbung die Bühne einer beeindruckenden Multimediashow betreten. Der hier gebotene Mix aus populärwissenschaftlichem Vortrag und Entertainment ist ein Feldzug gegen die Ignoranz, dem auch Sie zum Opfer fallen werden, wenn Sie sich an eingangs Erwähntes halten. Das didaktische Konzept dieser Aufklärungsreise, die in Amerika und in Europa bereits begeisterte Reaktionen hervorrief, ist denkbar einfach und deshalb wirkungsvoll: Man nehme die dramatischen Folgen der CO2-Emission und mische diese mit Forscherwissen, Animation, Dias, Humor und Prominenz. Mit dieser Rezeptur konfrontiere man ein aufklärungsbereites Auditorium und man wird belohnt - mit Gehör, Applaus und Gelächter. "Präzise, verständlich, erschreckend", tönt das Medienecho, und es tut recht damit. Präzise sind sie tatsächlich die Ergebnisse langjähriger Forschungen, und für jedermann verständlich ist die Art und Weise ihrer Präsentation.

Erschreckend aber ist nicht nur das überaus anschaulich dargestellte Ausmaß der Katastrophe. Erschreckend ist auch die Ahnung, daß es tatsächlich eines solchen Filmes bedarf, um breitenwirksam auf die Thematik aufmerksam zu machen. EINE UNBEQUEME WAHRHEIT ist daneben die, daß sich hier - vielleicht kaum bemerkt - ein Politiker als Weltenretter verkauft. Regisseur Davis Guggenheim dokumentiert neben der Vortragsreise Al Gores nämlich auch das Leben des Privat- und Staatsmannes. Biographische Ausflüge mögen gestattet sein, so man die Beweggründe für ein solches Engagement aufzeigen will. Äußerungen, wie solche, daß "Amerika Europa die Freiheit gebracht habe" aber mögen zunächst ein Schmunzeln veranlassen und sind dennoch so fragwürdig, wie die Bereitschaft, Derartiges - dem Kontext untergeordnet - hinzunehmen.

So mag das Anliegen hehr sein, der Film ist es nicht. Und die schlußendlichen Verbraucherhinweise ("Kaufen Sie Energiesparlampen, nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel ...") mögen in Amerika erstaunen, hier tun sie es nicht. Oder hatten Sie wirklich keine Ahnung? Sollte dies der Fall sein, Al Gore bringt es auf den Punkt: "The Show Must Go On".

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.