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Elisabeth Kübler-Ross – Dem Tod ins Gesicht sehen

Sensibles Porträt einer Ärztin ohne Grenzen

Wir sind nicht nur zum Leben, sondern auch zum Sterben auf die Welt kommen. Jeder hat ihn, seinen Tod. Die Großen einen großen, die Kleinen einen kleinen. Man muß nicht Rilke heißen, um das formulieren zu können. Elisabeth Kübler-Ross z.B. konnte es wie niemand vor ihr. Für sie kommt der Tod als Schmetterling. Bei der Besichtigung des KZ in Majdanek hat sie dieses Symbol für sich gefunden: Hunderte von Kindern hatten es mit Fingernägeln ins Holz geritzt. Der wachsende Tod ist ein Kokon, der sich öffnet, um einen Schmetterling frei zu lassen. Eben das versuchte sie als Ärztin, Therapeutin und Referentin ein Leben lang zu vermitteln: dem Tod nicht mit Furcht und Abwehr zu begegnen, sondern ihn als Herausforderung anzunehmen.

Der Dokumentarfilmer Stefan Haupt, fasziniert von so viel positiver Energie, sucht nach kleinen Hinweisen in Kübler-Ross’ Biographie. Eine behütete Kindheit und Jugend in der Schweiz, während draußen der Weltkrieg tobt ... Kollektive Schweizer Erfahrung. Die Kübler-Drillinge ... Interviews mit den Schwestern geben Aufschluß über gemeinsame und individuelle Erfahrungen mit der Suche nach Identität. Elisabeth, widerspenstig, hartnäckig, ein Arbeits-tier, studiert gegen den Willen der Eltern Medizin und heiratet nach Amerika. Ende der 60er kämpft sie in Chicago für das Recht der Sterbenden, wahrgenommen zu werden. Es entsteht ein Buch: "Interviews mit Sterbenden". Ein Bestseller. Von nun an reist Kübler-Ross als Autorin, Ärztin und Sterbebegleiterin um die Welt. Der Tod ist ein Tabu, das sie mit aller Kraft überwinden will. Das bringt ihr nicht nur Bewunderer und erschwert ihr zunehmend, ihr eigenes Leben zu gestalten. Kübler-Ross auf Vorlesungen, am Sterbebett, in Talkshows. Das bewegte Leben einer Frau, die ihren Humor und ihre Liebe zur Schweiz niemals aufgegeben hat.

Dabei sind es die Bilder aus der Gegenwart, mit denen der Film einen eigenen Zugang zu seinem Thema findet. Kübler-Ross am Ende ihres Lebens, zurückgezogen und aufs Krankenbett verbannt. Sie wolle mit ihrem Tod niemanden nerven, das habe sie im Leben schon genug getan. Unter dem weiten Himmel Arizonas, zwischen Kakteen und Indianerreliquien, kommt eine Spur von Transzendenz auf.

CH 2002, 98 min
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Stefan Haupt

Kinostart: 23.10.03

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...