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Femme Fatale

Cannes: Böse Mädchen kommen überall hin

Laure sieht sich im Fernsehen Billy Wilders FRAU OHNE GEWISSEN an, ihr Spiegelbild verschmilzt auf dem Bildschirm mit Barbara Stanwyck - Brian De Palma verbeugt sich erstmal artig vor der amerikanischen Filmgeschichte. Doch ein ausgedehnter Paris-Aufenthalt scheint den Regisseur auch für den französischen Kulturbetrieb begeistert zu haben.

Auf dem Filmfestival von Cannes beraubt Laure auf dem Damenklo die schöne Begleiterin des (echten) Regisseurs Régis Wargnier ihres güldenen, schlangenartigen Premierengewandes, während der Herr im Saal seinen neuesten Film vorstellt, neben ihm (die ebenso echte) Sandrine Bonnaire - so kämpft man um das Lob der europäischen Filmkritik. Auf der Flucht vor Polizei und geprellten Komplizen landet Laure in einer fremden Pariser Wohnung, läßt sich ein Bad ein und hört im Radio von Kristallkugeln und geänderter Zukunft. Der Wanne entstiegen, wechselt sie dann ihre Identität, fliegt in die USA und kehrt nach sieben Jahren als Botschafter-Gattin nach Frankreich zurück. Doch hier holt ihre kriminelle Vergangenheit sie wieder ein, die Raubkumpane wittern ihre Fährte, der spanische Paparazzo Nicolas auch.

Solch eine gewundene Kriminal-Fabel kann man raffiniert finden, aber auch einfach nur ziemlich überspannt und geschraubt. Denn, überraschende Wendungen hin oder her, das nun einsetzende Katz- und Mausspiel, das Betrügen und Bescheißen entpuppt sich als überlanger Vorspann einer knappen Pointe. Zurück in die Badewanne und im nächsten möglichen Leben aufgewacht! Brian De Palma hat dem Film Noir ein zentrales Sujet geklaut und so verbissen daran gedreht und gedrechselt, daß er im Überschwang beinahe zwei Geschichten erzählt hätte.

Das sieht unheimlich chic aus, das ist stilistisch ambitioniert, da ist mit Camouflage-gemusterten Models, schrägen Todesfällen und erotischen Szenen für jeden etwas dabei. Aber was sich hier mit viel Schnickschnack als großer Wurf in die Spiegelkabinette von Identität und Obsession gebährdet, zerdeppert nur ein paar ganz kleine Lampen.

Originaltitel: FEMME FATALE

F/USA 2002, 112 min
Verleih: Solo Film

Genre: Krimi, Thriller, Erotik

Darsteller: Rebecca Romijn-Stamos, Antonio Banderas, Peter Coyote

Stab:
Regie: Brian De Palma
Drehbuch: Brian De Palma

Kinostart: 27.03.03

[ Sylvia Görke ]