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Giulias großes Rennen

Ein Mädchen, ein Junkie und schnelle Autos

Es knallt und brummt. Langsam schwillt alles zu einem lauten Dröhnen an. Bunt lackierte Autos stehen in Reih und Glied auf der grau betonierten Rennstrecke. Dann fällt die Fahne. Minutenlang sieht man, wie Rennfahrer um die Wette rasen. Man muß das laute Geräusch von Autos mit zu vielen PS mögen, um sich für GIULIAS GROSSES RENNEN zu begeistern.

Die Geschichte dreht sich um eine alte italienische Rennfahrerfamilie. Als der Vater stirbt, hinterläßt er seiner 17jährigen Tochter Giulia und ihrem jüngeren Bruder ein altes Haus und eine Menge Schulden. Der einzige Ausweg: Giulia muß unbedingt eine Meisterschaft gewinnen, um die Schulden begleichen zu können. Doch dann fällt plötzlich der verschollene große Bruder mit seiner Freundin in das elterliche Haus ein. Nur leider ist Loris drogenabhängig und kleinkriminiell und nicht der richtige Umgang für zwei Waisen.

Giulia, die Loris zuerst rauswirft, muß ihn dann aber als Erziehungsberechtigten akzeptieren. Aus der Not heraus macht sie sich zunächst seine Expertise als Rennfahrer zunutze, der auch er früher war. Nach und nach beginnt so die Wiederentdeckung einer Geschwisterliebe. Und während Giulia plötzlich einen Trainer hat, tankt Loris durch seine neue Aufgabe Kraft und verabschiedet sich langsam von seinem alten Leben.

Das ist schön anzusehen, nur leider vernachlässigt der Regisseur das, was sich hinter dem Leben der drei Geschwister verbirgt, die gerade ihre Eltern verloren haben. Denn man erfährt nicht, wie es eigentlich zu Loris’ Absturz kam, und warum er sich von seiner Familie abwandte. Auch wird nicht klar, was die feinfühlige Giulia mit den blau gefärbten Haaren an dieser Männerwelt eigentlich fasziniert, außer daß schnelle Autos eben schon immer eine Familientradition waren.

Deshalb plätschert die Geschichte eher unbedarft vor sich hin, während Regisseur Matteo Rovere im Detail der Gegenwart verhaftet bleibt. Er konzentriert sich auf die verkrachte Existenz des durchgeknallten Loris und seiner Junkie-Freundin, die sich vor den Kindern einen Schuß in der Badewanne setzt und den Luxus eines Kühlschranks und gemeinsamen Frühstücks nicht aushält. Am Ende fährt Loris wieder alte Heldenkräfte auf, und erneut quietschen die Reifen. Immerhin herzerwärmend ist, daß er seine Familie dieses Mal nicht zurückläßt.

Originaltitel: VELOCE COME IL VENTO

I 2016, 119 min
FSK 12
Verleih: Missing Films

Genre: Drama

Darsteller: Stefano Accorsi, Matilda de Angelis

Regie: Matteo Rovere

Kinostart: 08.06.17

[ Claudia Euen ]