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Göttliche Intervention

Wie man Grenzen totlacht

"Gods own country" muß man wahrscheinlich doch im Nahen Osten suchen. Denn wie könnte der Herr sein Eigen besser als mit der Geburt seines Sohnes abstecken? Ob Jesus nun zu Bethlehem oder in Nazareth die Welt betrat, war einst herzlich egal. Heute entscheidet der Geburtsort jedoch zwischen dem Diesseits und Jenseits einer umkämpften Grenze, die sich dann auch noch wie ein tausendköpfiger Wurm in die Städte und Köpfe beider Seiten fortsetzt.

Als in Nazareth geborener Palästinenser kennt Elia Suleiman jene Barrieren, und so konnte sein Film über diese Gegend im verzweifelten, tödlichen Ausnahmezustand wohl kaum etwas anderes werden, als ein aberwitziger und nahezu stummer Hindernislauf. Seine Episodenreise beginnt mit der Jagd auf einen Weihnachtsmann, zeigt, daß Israel und Westjordanland gleichermaßen besetzt sind: vom Wahnsinn. Man wartet auf Busse, die nie kommen, wirft Müll oder Brandsätze in fremde Gärten, prügelt wahlweise auf Nachbarn oder Schlangen ein, reißt soeben reparierte Straßenbauten nieder, zersticht Fußbälle, zerrt Falschparkern das Nummernschild vom Heck, um es ihnen vor die Füße zu werfen - der irre normale Alltag eines arabischen Viertels von Nazareth, gegossen in parabelhafte und pointierte Szenen-Miniaturen. Am Grenzposten von Ramallah hat sich derweil eine Liebesgeschichte festgefahren: Er aus Israel, sie aus dem Autonomiegebiet, Händchenhalten zwischen Soldaten. Ein Luftballon mit Arafats Konterfei lenkt die Grenzer ab, ein Marsch auf High Heels bringt die Wachtürme zum Einsturz.

Gegen die Willkür hilft Phantasie, und vor allem sie macht diese zähneknirschende Komödie aufregend - im doppelten Wortsinn. Wenn ein Aprikosenkern einen israelischen Panzer zerstört, wenn eine Zielscheibe über israelische Scharfschützen siegt und dafür einen Heiligenschein aus Patronen erhält, gibt Suleiman mutig nicht nur die stilistische Deckung der stillen, verschmitzten Beobachtung auf, sondern auch die der politischen Neutralität. Wer sich so angreifbar macht, hat in jedem Fall ein streitbares, hellhöriges Publikum verdient.

Originaltitel: YADON ILAHEYYA

F/Palästina 2001, 92 min
Verleih: Alamode

Genre: Tragikomödie, Schräg, Polit

Darsteller: Elia Suleiman, Manal Khader, Nayef Fahoum Daher

Stab:
Regie: Elia Suleiman
Drehbuch: Elia Suleiman

Kinostart: 03.04.03

[ Sylvia Görke ]