Originaltitel: GONE BABY GONE

USA 2007, 114 min
Verleih: Disney

Genre: Drama, Thriller

Darsteller: Casey Affleck, Michelle Monaghan, Ed Harris, Amy Ryan, Morgan Freeman

Regie: Ben Affleck

Kinostart: 29.11.07

1 Bewertung

Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel

Verstörendes Vexierspiel jenseits von Gut und Böse

Zugegeben: Das dämliche Anhängsel im deutschen Titel mag all jene wohl zwangsläufig aufkommenden Vorurteile untermauern, wenn man als Regisseur dieses Films den Namen Ben Afflecks liest – Affleck, das darstellerische Brachland?! Halt! Wer jetzt voreilige Schlüsse zieht, bringt sich selbst um den definitiv besten amerikanischen Thriller seit Ewigkeiten.

Ohne langen Prolog steigen wir in die Handlung ein und erfahren, daß Amanda, ein 4jähriger Sonnenschein von Kind, spurlos verschwand. Angeblich hat ihre Mutter Helene das Mädchen nur kurz allein gelassen, aber zwei angeheuerte Privatdetektive finden schnell heraus: Helene ist alkohol- und drogenabhängig, ein emotionales Wrack obendrein. Und tiefer in die Entführung verstrickt, als es den Anschein hat. Polizeiverhöre und weitere Ermittlungen führen zur scheinbar einfachen Lösung des Falles inklusive Lösegeldübergabe, in deren Verlauf Amanda allerdings ums Leben kommt. Doch das soll bloß der erste Stein in einem verschachtelten Mosaik aus Lügen und schrecklichen Ereignissen sein.

Offensichtlich hat Affleck die Spielregeln des Genres genau studiert und setzt sie als Co-Autor mit falschen Fährten, blutigen Eruptionen sowie Standard-Schurken zwar souverän um, klammert sich inszenatorisch aber nicht daran. In den düsteren Bildern brodelt ständig das Ungewisse, auf gängige audiovisuelle Mätzchen wird stets verzichtet, und das Ermittlerteam könnte kaum weiter vom strahlenden Heldentum entfernt gezeichnet sein. Was Hollywood immer mehr zu verlernen scheint, lebt hier in aller Brillanz wieder auf – das Erzählen einer Geschichte. Einer wirklich beklemmenden, wohlgemerkt.

Obgleich mancher Dialog eigentlich deutliche Hinweise liefert, trügt der Schein letztlich permanent, kann man buchstäblich nichts und niemandem vertrauen. Mit bitterer Konsequenz mündet Afflecks finstere Vision schließlich in einem nur nominellen Happy End, das aufs Heftigste zubeißt, indem es gleichermaßen simpel wie komplex die Trennlinien zwischen Gut und Böse, Richtig und Falsch oder Liebe und Egoismus als das entlarvt, was sie sind: hauchdünn bis inexistent.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...