Originaltitel: GOSFORD PARK

GB/USA/D 2001, 137 min
Verleih: UIP

Genre: Krimi, Tragikomödie

Darsteller: Kelly MacDonald, Alan Bates, Charles Dance, Stephen Fry, Michael Gambon, Richard E. Grant, Derek Jacobi, Helen Mirren, Jeremy Northam, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, Emily Watson

Stab:
Regie: Robert Altman
Drehbuch: Julian Fellows

Kinostart: 13.06.02

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Gosford Park

Altman bläst das Halali: Klassenkampf im Herrenhaus

England 1932. Herrenhaus. Jagd. James Ivory? Mitnichten! Robert Altman dreht seinen ersten Film in England und zeigt ausgerechnet am Exempel einer von Luxus und eingetunktem Teegebäck verweichlichten Upper Class-Gesellschaft, daß er auch mit fast achtzig Jahren noch kraftvoll zubeißen kann - nämlich in den Hintern aristokratischer Standesdünkler, royalistischer Romantiker und den eines ganzen Genres: Ausstattungskino/Viktorianisierendes Konversationsdrama.

Altmans verblüffend zickiges Kammerspiel von Schloßausmaßen windet sich durch Herrschafts- und Dienstbotentrakt gleichermaßen. Eine unübertroffen bösartige Maggie Smith grantelt als Lady Trentham durch die weitläufigen Räume ihres Gastgebers Sir William, meckert über unpassende Kleider und lange Klaviervorträge und betet, man möge ihr die Apanage nicht streichen. Ihre Zofe Mary huscht durch Küchen und Kammern, vorbei an kopulierenden Paargemischen aus Adligen und Bediensteten und stellt verwundert fest, daß unter einigen Abendroben Geldgier und Geilheit, hinter einigen strengen Köchinnengesichtern Tragödien verborgen sind. Altman reißt beides auf, ohne sich je im Wust der einzelnen Geschichten zu verlieren. Denn ein Drehbuch, das wohl seinesgleichen suchen dürfte, ordnet das Universum GOSFORD PARK nicht nur nach Oben und Unten, sondern zieht dem dualen System überall flexible Verbindungen ein: Klassentransit. Als quasi amerikanisches Vermächtnis (oder auch Labormaus in leitender Funktion) ist auch ein Hollywood-Produzent zu Gast, der sich von britischer Distinguiertheit zu neuen Projekten inspirieren lassen will.

Daß Altman seine vielleicht prunkvollste Schöpfung nun noch mit einem Kriminalfall krönt, ist fast zu viel der Ehre. Jedoch erweist sich der Appendix als erzählerische Zündschnur zu allen schwelenden Konflikten, mehr noch: als Showtreppe für Stephen Fry, der als männliche (und daher nicht ganz so geistreiche?) Miss Marple das Paradox eines Schauspielerensembles von gleichwertigen Stars auf die Spitze treibt.

[ Sylvia Görke ]