• Meinungen

Grump

Familienstatus: kompliziert

Meckern, maulen, murren kann Grantler Grump wahrlich perfekt, die Mundwinkel hängen ständig auf Halbmast, den Kopf ziert eine praktisch dort festgewachsene Fellmütze. Zusätzlich hat der ältere Witwer just das geliebte Auto geschrottet – wozu noch leben?! Okay, das Mütchen kühlt wieder, aber Ersatz muß definitiv her, ein 72er Ford Escort, rot. Der internetaffine Nachbar hilft, entdeckt solch ein Schätzchen, abzuholen jedoch in Hamburg. Wo auch Grumps Bruder wohnt. Der seit Jahrzehnten verhaßte.

Nach der – höflich formuliert – etwas zu dialoglastigen Corona-Comedy EINE NACHT IN HELSINKI schippert Mika Kaurismäki nun dankenswerterweise auf stilleren Redeflüssen quer durch Deutschland. Wobei es natürlich trotzdem ganz schön viel zu besprechen gibt, wenn verletzte Töchter nicht verzeihen, emotional gebeutelte Söhne um Aufmerksamkeit ringen – während sie selbst gegen diverse Probleme kämpfen, da wird eine Midlife-Crisis eher zum Fingerschnipp – und der Tod schon manche Chance zur Verständigung nahm. Fast alle Figuren konfrontieren einander mit bisher Verschwiegenem, ein simpler Weg, dem Zuschauer Charakterbilder zu enthüllen, gern gegangen (ob deswegen automatisch der beste, sei dahingestellt). Daß dessen Ziellinie entlang rundumschlagender Zusammenführung läuft: zwangsläufige Sache!

Derweil sucht Kaurismäki meist erfolgreich das Bittere im Komischen, ohne es umgekehrt gleichzutun, Humor über Grumps Ankunft hinaus – bei der ein Mißverständnis bezüglich des ersehnten Escorts schmunzelige Komplikationen bedingt – hätte kaum geschadet. Dennoch geht man lächelnd aus dem Saal. Grump und seinem selbstverständlich goldenen Herzen sei Dank.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...