D/Tschechische Republik/Island 2024, 135 min
Verleih: Constantin
Genre: Action, Fantasy
Darsteller: Gijs Naber, Jannis Niewöhner, Lilja van der Zwaag
Regie: Cyrill Boss, Philipp Stennert
Kinostart: 17.10.24
Seinen Ruf hat er weg, der Hagen von Tronje. Er ist der Finsterling im teutonischen Sagenwald, der Mann, der den edlen Siegfried erschlug und auch sonst nicht der Umgänglichste war. Ein grimmiger Krieger. Eine Spaßbremse im Namen der Staatsräson. Und als reiche das nicht, kommt hinzu, daß Hagen dem rechtsideologisch verwursteten Kampfbegriff der „Nibelungentreue“ quasi sein unerbittlich düsteres Konterfei aufdrückte. Einäugiger geht’s echt nicht!
Doch die Zeiten, sie ändern sich – und der Hagen mit ihnen. Was das heißt, zeigt jetzt HAGEN. Ein Krieger erster Güte ist der Hagen freilich immer noch. Als Waffenmeister dient der am Hof zu Worms ergeben seinem König. Und Königstochter Kriemhild sowieso. In unterdrückter Liebe (Staatsräson, Klassenschranken), aber mit viel Empathie, Zartgefühl – und prophetischer Voraussicht. Die dann prompt auch schwarz sieht, als Siegfried von Xanten, ein echter Hallodri von Drachentöter, am Hof auftaucht.
HAGEN ist ein Film das Regieduos Cyrill Boss und Philipp Stennert. Fürs Kino reüssierten die bisher mit Werken wie NEUES VOM WIXXER oder JERRY COTTON. Nette Lustigkeiten, die auf ihre Art auch sehr deutsch sein mögen, sich zugleich aber natürlich Welten entfernt plazieren vom düster dräuenden Germanentum des Nibelungenliedes. Doch wie gesagt, die Zeiten ändern sich. Und so überrascht es wenig, daß Boss/Stennert jetzt aus dem alten Stoff ein modisch aufgepäppeltes Gewand schneiderten. Den Schnittbogen dazu lieferte ein schon 1986 erschienener Schmöker des Fantasy-Autors Wolfgang Hohlbein. Hagen war ganz anders, ist dessen Botschaft – und der folgt dann auch der Film nach.
Das heißt, Drachen, Zwerge und Walküren tummeln sich zwar auch jetzt noch im Tal der Nibelungen – doch haben beispielsweise die Frauen in diesem einen durchaus emanzipatorischen Zug bekommen, während die Männer vorrangig so „toxisch“ sind, wie sie es halt schon immer waren. Außer Hagen! Denn just der finstere Geselle strahlt hier im hellen Licht der Empathie. Was prompt auch ein anderes Licht auf vermeintliche Heimtücken wie den Mord an Siegfried wirft. Und für einen insgesamt hübschen Erzähltwist sorgt, in diesem ansonsten freilich zuverlässig düster dräuenden und definitiv kurzweiligen Nibelungen-Kintopp-Abenteuer.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.