Originaltitel: COPYING BEETHOVEN

USA/D 2006, 104 min
Verleih: Concorde

Genre: Drama, Biographie, Musik

Darsteller: Ed Harris, Diane Kruger, Matthew Goode, Ralph Riach, Joe Andersohn

Regie: Agnieszka Holland

Kinostart: 05.04.07

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Klang der Stille

Duett für dickes B und dünnen Sopran

Das Genialische gehört unumstritten zu den Kernforschungsgebieten der ambitionierten Kino-industrie. Vor allem wenn es gilt, den kulturell Gebildeten mit dem zufällig Vorbeispazierenden vor der Leinwand zu vereinen. So war es wohl eine Frage der Ehre, nach genialischen Monstern wie Mozart und Bach auch Beethoven die filmische Verbeugung zu erweisen. Interessanter werden solche Biographien immer dann, wenn eine Frau dem Genius zur Seite steht. Und sollte es sie nicht gegeben haben, dann gehört sie eben erfunden. Anna Holtz heißt sie und soll dem Meister als eine Art Zauberlehrling bei der Vollendung und Aufführung der 9. Sinfonie beigestanden haben. Vermittelt durch einen von Krebs heimgesuchten Musikalienproduzenten, begegnen sich also im Wien des Jahres 1824 der nahezu ertaubte Beethoven und die musikalisch erwachende Kompositionsschülerin Anna. Er soll schöpfen und sie das elende Gekritzel in eine lesbare Partitur verwandeln.

Bedacht auf den Plüsch wie auf den Uringestank der Zeit, entwickelt Regisseurin Agnieszka Holland aus diesem fiktiven Aufeinandertreffen einen Historienfilm, der keinen Anlauf scheut, um dem schöpferischen Wahnsinn wie der hausbackenen Ausgeglichenheit gerecht zu werden. Der schauspielerische Kraftakt des Ed Harris, der mit aller nur auffindbaren Hemdsärmeligkeit und Großmäuligkeit eines gebrechlichen Egomanen die brodelnde Schöpferkraft seiner Figur zu beschwören versucht, hat das Zeug zum Kulturschock. Dafür, daß Harris auch in den schlimmsten Stunden noch wie ein muskulöser Preisboxer aussieht, kann er nichts. Dafür, daß der weibliche Gegenpart Diane Kruger eine blasse, zahnlose Elevin bleibt, kann die Regie. Es ist ein Duett ohne Kontrapunkt, zu dem die Beteiligten ansetzen. Und es findet, zu allem Unglück, keine visuelle Form, in der sich Innovationskraft und historische Verwurzelung einigermaßen ebenbürtig gegenüber stünden.

Die großen Momente, die Schnitt- und Musikpartitur für Beethovens musikalisches Vermächtnis zum Beispiel, sind selten. Der Rest gefällt sich im visuell Kleinen, im technisch Braven, das seinem hochgewachsenen Gegenstand nie auf gleicher Augenhöhe begegnet.

[ Sylvia Görke ]