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Kommen Rührgeräte in den Himmel?

Unfreiwillige Komik über Konsum und Nachhaltigkeit

Filme über Nachhaltigkeit haben Konjunktur. Das ist kein Wunder, macht sich die Kurzlebigkeit der Dinge im Alltag doch oft negativ bemerkbar: Der Drucker hält kaum länger als die Patrone, das Display des Handys hat bald einen Riß, und das brandneue Rührgerät gibt beim ersten Einsatz den Geist auf. Offensichtlich sind technische Geräte in der Wegwerfgesellschaft auf Verschleiß programmiert. Das, davon ist der Filmproduzent Bert Göhler aus Suhl überzeugt, war früher anders. Schließlich wurden in seiner Heimatstadt die legendären DDR-Rührgeräte „RG 28“ produziert, die – so erzählt uns der Film – auch nach 30 Jahren noch tadellos den Teig quirlen.

Tatsächlich ist Göhler mit seiner Begeisterung für diesen profanen Alltagsgegenstand nicht allein. Ungezählte Suhler bekennen sich im Film zu ihrer starken Bindung an die DDR-Geräte. Wer schon immer mal alte Männer beseelt auf ihre orange-roten Küchengeräte starren sehen wollte, hat hier die Chance. Und wenn ehemalige Montagemitarbeiterinnen aus dem Suhler Werk dann noch vom Zusammenhalt am Arbeitsplatz schwärmen und stolz vorzeigen, daß das alte FDJ-Hemd noch paßt, dann wird endgültig klar, daß früher alles besser war. In einer verklärten Rückwärtsrolle spielt der Film die politisch korrekte Wertarbeit des Sozialismus gegen den Billigkonsum im Kapitalismus aus. Leider gelingt Regisseur Reinhard Günzler die dramaturgische Rückkopplung zwischen dem phänomenalen Rührgerät und der grundsätzlichen Gesellschaftskritik nur durch einen Griff in die dokumentarische Mottenkiste.

Im Mittelpunkt des als Dokumentarfilms angepriesenen Werks steht nämlich die Schauspielerin Laura Palacios, die in der Rolle einer Schweizer Designstudentin auf dem Flohmarkt eines der legendären Rührgeräte ersteht und sich prompt in das DDR-Gerät verliebt. Sie führt die Zuschauer mit unerträglich naiven (und unüberhörbar rhetorischen) Fragen und einer enervierenden Langsamkeit durch den Film. Leider sind die Stationen ihrer Erkenntnis derartig vorhersehbar, daß man ihre großäugige Überraschung nicht mal ansatzweise nachvollziehen kann.

So bleibt, wenn die junge Frau zum Schluß in einem intimen Pas de deux mit ihrem Rührgerät gezeigt wird, der Gedanke nicht aus, daß man selbst die vergangenen 90 Minuten durchaus nachhaltiger hätte nutzen können.

D 2015, 90 min
FSK 0
Verleih: GMfilms

Genre: Dokumentation

Regie: Reinhard Günzler

Kinostart: 29.09.16

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.