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Küß mich bitte!

Let’s Talk About Love

Der Unterschied zwischen den Franzosen und den (Ost-)Deutschen? Die Froschesser quatschen gern über Sex! So viel zu den Klischees, die mit diesem Film kaum etwas zu tun haben, und eben doch. Zumindest was unsere Nachbarn westlich des Rheins angeht, denn gesprochen wird auch in diesem Film viel, sehr viel, vor allem über Sex, über Liebe, über das was man könnte, aber dann doch nicht ...

Und genau das ist der erste Eindruck, bevor sich der Film richtig warm läuft - verklemmt oder was? Ne, eben nicht, und das liegt an der ganz besonderen Methode des Erzählens vom noch jungen Autor, Regisseur und nicht ganz uneitlen Hauptdarsteller Emmanuel Mouret. Der spielt den introvertierten Nicolas, der sich seiner besten Freundin Julie anvertraut. Einsam sei, Zärtlichkeiten braucht er, mit Prostituierten hat er’s versucht, was schief gehen mußte. Denn bei einem wie Nicolas gehört ein Kuß nun mal dazu, wenn Küssen nicht eh das Elixier von gutem Sex ist. Damit hat der braunäugige Liebesnarr, der ein wenig wie der junge Adamo seitengescheitelt durch die Szenerie stolpert, zwar recht, einfacher wird es dadurch aber nicht. Denn Julie hat zum einen Eric als festen Partner an ihrer Seite, und zum anderen knistert’s da bald gehörig im Kuschelgebälk zwischen den noch kürzlich nur guten Freunden. Und außerdem ist diese Geschichte quasi nur der Rahmen für eine andere, kleiner angelegte Ausgangssituation: Emilie trifft auf Gabriel, sie verweigert ihm den Abschiedskuß, dafür erzählt sie ihm die Geschichte von Julie und Nicolas ...

Klingt ein wenig nach Kopfgeburt, doch das wäre zu früh geurteilt, denn Mouret gelingt neben einigen griffigen dramaturgischen Kniffen das Kunststück, Woody Allen ein wenig zuzuzwinkern, ohne sich als peinlich anbiedernder Epigone zu verraten. Und wie bei Allen gerät hier vermeintliches Wohlstandgeflüster zum Beweis großer Zuneigung und tiefer Verunsicherungen, denen man eben nur mit beherztem Witz, einem schönen Jazz und - weil es so wunderbar paßt - einer Prise Schubert entgegnen kann. Leichthändig philosophiert Mouret darüber, was eine Laune, was schon Liebe ist, über die Unberechenbarkeit eines Kusses, denn man weiß zuvor nie, ob es ein großer oder ein kleiner Kuß wird.

Und so verhält es sich auch mit seinem Werk, das sicherlich kein großer Wurf, aber gewiß kein kleiner Film über das noch schönste Kinothema geworden ist.

Originaltitel: UN BAISER S’IL VOUS PLAÎT

F 2007, 100 min
Verleih: Arsenal

Genre: Komödie, Liebe

Darsteller: Emmanuel Mouret, Virginie Ledoyen, Julie Gayet

Regie: Emmanuel Mouret

Kinostart: 07.08.08

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.