Originaltitel: MADAME

F 2017, 92 min
FSK 0
Verleih: StudioCanal

Genre: Komödie

Darsteller: Rossy de Palma, Toni Collette, Harvey Keitel, Tom Hughes

Regie: Amanda Sthers

Kinostart: 30.11.17

14 Bewertungen

Madame (2017)

Manege frei für die Rich Bitch und das häßliche Entlein

Ganz ehrlich, wann haben Sie das letzte Mal im Kino so richtig gelacht? Also einem Film nicht nur in schmunzelnder Anerkennung beigewohnt, sondern herzhaft gelacht? Eben. Und deswegen müssen Sie MADAME schauen! Nicht nur allein des teils hinterfotzigen Witzes wegen, aber doch auch. Aber noch mehr vielleicht wegen einer Wiederentdeckung: der Rossy de Palmas! Man kann kaum anders: De Palma, die einstige Muse Almodóvars, das ewig häßliche Entlein des spanischen Kinos, krallt sich diesen Film poco a poco, auf ganz leisen Füßen, selbst wenn sie erst einmal wie ein barockes Schneewittchen in die Szenerie kracht.

Die ist nämlich folgende: Das Luxusweibchen Anne gibt im wenig bescheidenen Pariser Domizil mal wieder eine Dinnerparty, die ungerade Zahl an Gedecken treibt sie in den Wahnsinn, das spanische Hausmädchen Maria muß also Platz nehmen, Maria wehrt sich sanft, doch Madame besteht auf deren Anwesenheit. Unter Vorbedingungen: Sie soll nicht so viel reden, schon des Akzentes wegen, nicht kichern, nicht zu viel essen und trinken gleich gar nicht. Sie soll nur sitzen, das werde sie doch wohl können! Wenn man nun aber weiß, daß Annes Mann Paul zuvor in einen Glückskeks biß, der eine außergewöhnliche Begegnung versprach, dann ahnt man, daß eine Entpuppung bevorsteht. Erst einmal jedoch bechert Maria gehörig einen, sie haut zudem vom Braten ordentlich rein, flirtet gar ein wenig, und schließlich folgen Schniedelwitze.

Es ist zum Niederknien komisch, kurze, knackige Pointen, galliger Humor, kein Wort zu viel, dazu die richtigen Blicke – so geht Boulevardkomödie, die Königsdisziplin des Kinos, wie man weiß. Und Regisseurin Amanda Sthers beherrscht sie aufs Feinste und Derbste zugleich. Die gut betuchte Runde am Tisch reagiert wider Annes Erwarten ganz entzückt auf die falsche Gräfin Maria, um den Kunsthändler David ist es gar geschehen, Maria gerät in Not, und Anne schaltet auf Stutenbissigkeit. Nun erschöpfen sich solche Entlein-zum-Schwan-Geschichten naturgemäß recht schnell, wenn man nicht unter die Oberfläche schaut. Und genau das tut Sthers gekonnt, wenn sie ihre Mär vom Schuster und seinem Leisten weiterspinnt, Maria durchaus eine große Portion an Unsicherheit und dem trotzig-berechtigten Willen des Wachgeküßtwerdenwollens unter die imposante De-Palma-Nase heftet, und wenn sie den ausgestellten Reichtum von Anne und Paul als Pump entlarvt und gerade an Annes Charakter eine Ungeliebtheit herausziseliert, die sich im Moment nur in Arroganz, Bösartigkeit und puren Snobismus zu entladen weiß.

Und noch einmal: Man braucht für eine derartig ausbalancierte Komödie das richtige Personal. Und neben der – im Wortsinn – Naturgewalt Rossy de Palma besticht Toni Collette als Rich Bitch par excellence. Collette ist eine wahrlich große Komödiantin, die mit einem einzigen Blick vernichten und große Verwundbarkeit offenbaren kann. Die Herren geraten ein wenig zur Staffage, das geht jedoch in Ordnung, die Zügel halten nun einmal eine Madame und eine Señora in den Händen, und daß sich Sthers eben nicht für ein allzu glattes Ende entschied, macht das ausgewogene Lachstück zur unbedingten Empfehlung.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.