Originaltitel: QU'EST-CE QU'ON A TOUS FAIT AU BON DIEU?

F 2022, 99 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Komödie

Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, Medi Sadoun, Frédéric Chau

Regie: Philippe de Chauveron

Kinostart: 21.07.22

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Monsieur Claude und sein großes Fest

Wiedersehen mit alten Freunden

Schluß, aus. Er hat kapituliert. Monsieur Claude, Retter der französischen Komödie und Alleinverteidiger überholter Wertvorstellungen, ist auf der Flucht. Konkret vor seinen Töchtern nebst Schwiegersöhnen, stets in greifbarer Nähe und immer mit irgendeinem Fest oder ähnlichen Zusammenkunftsgründen am Start – sofern man sich nicht gegenseitig den Krieg erklärt, weil nachbarschaftliches Fallobst die goldwerte Petersilie plättet. Doch wohin soll der Mann denn bitte fliehen, angesichts des 40jährigen Hochzeitstages, ein theoretisch intim geplantes Ereignis, zu dem praktisch allerdings die Schwiegereltern aus vielerlei Herren Länder anrücken?!

Wer je erlebte, wie Tante Gertrud bei vergleichbarem Anlaß verbissen in der Bratensoße rührte, um dann zu thematisieren, was Cousine Elfriede kurz nach 1970 zu Onkel Horst sprach, mag es ahnen, macht sich indes trotzdem keine Vorstellung davon, was jetzt geschieht: Schwer zu ertragen, daß Laure, zur Veganerin mutiert, ein fürchterliches Buffet zu kreieren gedenkt. Malerin Ségolène leidet parallel an Unterlippendauerzittern, da sie bei ihrem aktuellen Werk (direkter Nachfolger des berüchtigten „Die gehängte Alte“ aus Teil 2) das Gedärm partout nicht korrekt trifft. Und Claudes Gattin Marie ereilt – endlich – ein Selbstfindungsschub, fesches Umstyling und anschließende ehebedrohende amouröse Verwicklungen inklusive. Es hätte ständig um Brot streitender Paare und einer turnusmäßig verlustig gehenden Schnapsdrossel auf Kneipenwalz wahrlich nicht bedurft!

Wird aber alles aufgefahren und garantiert beste Laune, aus kleinen Einzelgeschichten und abgeschlossenen Minikomödien zimmert das mittlerweile häuslich im Verneuil-Universum eingerichtete Ensemble ein hübsches Panoptikum, schreibt dazu eine neue Strophe fürs Loblied auf den familiären Klebstoff: Die Mütter sind’s natürlich! Oft gerade dort benötigt, wo Mannsvolk sich peinlich infantil aufführt, weswegen selbstaufblasende Jurten zu Auslösern finsterer nächtlicher Racheakte geraten.

Statt satirischer Schärfe gibt’s ergo emotionale Hinterlegungen, gewohnheitsgemäß benimmt sich ein Deutscher daneben, derweil sich vor der Leinwand angesichts deutlich reiferer Darsteller zwischendrin auch mal sanfte Melancholie ausbreitet. Wie’s mit guten Freunden eben so ist: Man wird gemeinsam alt …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...