Originaltitel: MUNICH

USA 2005, 164 min
Verleih: UIP

Genre: Polit, Historie, Drama

Darsteller: Eric Bana, Geoffrey Rush, Daniel Craig, Mathieu Kassovitz, Hanns Zischler, Ciaran Hinds, Valeria Bruni Tedeschi, Michael Lonsdale, Moritz Bleibtreu, Meret Becker

Regie: Steven Spielberg

Kinostart: 26.01.06

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München

Unter-die-Haut-Kino als brisante Parabel über Unrecht

Als sich 1972 während der Olympischen Spiele in München junge, bewaffnete Palästinenser ins olympische Dorf einschlichen, elf der israelischen Sportler als Geiseln nahmen, von denen sie zwei sofort und die anderen neun nur wenige Stunden später töteten, reagierte das IOC mit arroganter Ignoranz, indem es die Spiele erst spät auf massiven Druck unterbrach. Die Bundesregierung unter Kanzler Brandt und Innenminister Genscher versagte organisatorisch auf ganzer Linie. Kurz darauf auch moralisch. Davon erzählt die unvergeßliche Gänsehaut-Dokumentation EIN TAG IM SEPTEMBER, produziert von Filmlegende Arthur Cohn. Welch brachiale Aktion den traurigen Ereignissen folgte, initiiert vom israelischen Geheimdienst Mossad, erzählt nun dieser Film. Die von offizieller Seite zwar nie bestätigte, aber dennoch durch zahlreiche Aussagen und Dokumente belegte "Operation Zorn Gottes" ist blutiges Thema in Steven Spielbergs neuestem und durchweg brillantem Werk.

Der junge Israeli Avner wird der Kopf eines internationalen Kommandos, welches im Auftrag der israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir und des Mossad töten soll. Elf Namen stehen auf der Liste. Alle wohl irgendwie im Zusammenhang mit den Ereignissen von München, was Avner nicht überprüfen kann, dies vorerst auch nicht will und gleich gar nicht soll. Er wird zur persona non grata, palästinensisches Blut soll fließen, für das israelische Volk, für die Heimat, die schwer erlittene.

Die Grundstimmung in Spielbergs nachhaltig berührendem Film ließe sich in etwa mit dem metaphorischen, wenn sicher auch etwas eindimensionalen Bild vom Gefühl im Angesicht des weinenden Feindes umreißen. Spielberg selbst ist zerrissen, skeptisch, zweifelnd. Er weiß - gerade als selbstkritischer Jude - daß von israelischer Seite Unrecht geschah, daß Palästina anerkannt gehört, daß dieser Krieg, und nichts anderes ist dieser für uns Westler kaum zu verstehende, vielleicht unlösbare Konflikt, ein unmenschlicher, ein blutiger Feldzug für das Bewahren und für das Finden einer Heimat ist. Vieles läßt sich herausgelöst aus großen Zusammenhängen einfach nicht mit richtig oder falsch benennen. Mit menschlich und unmenschlich aber jederzeit. Einer der beauftragten Killer im Film sagt: "Wir Juden können nicht mehr anständig sein, aber vielleicht gerecht." An anderer Stelle sagt er über die Gründung Israels: "Denkst Du, wir haben das Land mit einem Lächeln erobert?" Diese Dokumente der auf uns oft schizophren wirkenden Zerrissenheit sagen doch so viel mehr aus, als inflationäre Lippenbekenntnisse sich profilierender Politiker mehrerer vergangener Dekaden.

Spielberg hat dieses sehr dunkle Kapitel der jüngeren Geschichte zu einem äußerst brisanten, zu einem aufwühlenden Film gemacht. Er hat ihn ganz bewußt jetzt gemacht, auch als Aufruf an jüngere Generationen, alte, übernommene Feindbilder zu hinterfragen. Neben beeindruckend routiniert eingesetzten Stilmitteln des Sprengstoff-lastigen Agentenkinos der 70er, berührt sein bis in die kleinsten Nebenrollen perfekt besetztes, deutlich Stellung beziehendes Werk vor allem als ein aufrüttelndes, auch ein verzweifeltes, in allem aber ein sachliches, ein stilles Gebet.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.