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Noma

Appetitanregende, aber vergleichsweise eindimensionale Küchenstudie

Jeder Film übers Kochen trägt schwer daran, daß das Kino sich auf Bild, Ton und Bewegung beschränken muß und naturgemäß die Essenz des Kochens, den Geschmack, die olfaktorischen Aromen und die haptische Struktur der Speisen kaum wiedergeben kann. Wie zum Ausgleich schwelgt NOMA in appetitlichen Bildern und einer betont opulenten Musik, mit der die Entwicklung des gleichnamigen Kopenhagener Restaurants untermalt wird.

Im Fokus steht der junge Küchenchef René Redzepi, der als „junger Wilder“ seit Mitte der 00er Jahre die Gourmets fasziniert. Dabei hatte die internationale Feinschmeckergemeinde zunächst nur Spott für ihn übrig, als er sich daranmachte, die Menüs in seinem Restaurant nur mit regionalen skandinavischen Zutaten zu kreieren. Statt Olivenöl, Zitrusfrüchten und exotischen Gewürzen kamen im „noma“ Seeigel, Rentierflechten und wilde Blaubeeren mit (lebenden) Ameisen auf den Teller. Doch gerade wegen solch’ ungewöhnlicher Zutaten und Kombinationen stieg das Haus in wenigen Jahren in die gastronomische Weltspitze auf, wurde 2012 gar zum besten Restaurant der Welt gewählt.

Regisseur Pierre Deschamps, selbst ausgebildeter Koch, feiert die neue nordische Küche und ihren Guru Redzepi ausgiebig und vergißt dabei leider, auch Platz für Zwischentöne zu lassen. Dabei bekam Redzepi im wirklichen Leben bald einen Dämpfer, wie kein Drehbuch ihn hätte vorsehen können. 2013 bricht im „noma“ der Norovirus aus, und der Höhenflug scheint mit einem Schlag gestoppt. Im Film wird aus dem Viren-Zwischenfall ein klassischer Wendepunkt. Ab sofort fokussiert sich alles auf die Frage, ob es gelingen wird, das „noma“ wieder an die Spitze zu bringen. Leider werden alle anderen Themen der Erfolgsfrage konsequent untergeordnet. Dabei wäre es viel spannender gewesen, einen zweiten Blick auf Redzepis Koch-Philosophie zu werfen. Obwohl der junge Starkoch seine Ideen an anderer Stelle sehr beredt vertreten hat, wirkt er im Film oft redundant.

Zudem bleibt vieles von dem, was das „noma“ außer seiner Speisekarte noch zur Ausnahmeerscheinung macht (wie die regelmäßigen Kochexperimente mit allen Mitarbeitern oder die Tatsache, daß die Spitzenköche selbst am Tisch servieren), unerwähnt. Vielleicht wäre es insgesamt lohnenswerter gewesen, das „noma“ nicht an der Anzahl seiner Michelin-Sterne zu messen, sondern an seinem Beispiel, den Sinn und Unsinn solcher Gourmet-Bewertungskriterien zu hinterfragen.

Originaltitel: NOMA

GB 2015, 99 min
FSK 0
Verleih: NFP

Genre: Dokumentation

Regie: Pierre Deschamps

Kinostart: 09.02.17

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.