Originaltitel: NYMPHOMANIAC 1

DK/D/F/S 2013, 110 min
FSK 16
Verleih: Concorde

Genre: Erotik, Drama

Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgard, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Uma Thurman

Stab:
Regie: Lars von Trier
Drehbuch: Lars von Trier

Kinostart: 20.02.14

16 Bewertungen

Nymphomaniac

Kleine Orgelstunde mit Lars von Trier

Und mal wieder scheiden sich die Geister an Dänemarks Meisterregisseur. Auf der Berlinale, nach der Premiere des Director’s Cut, galt nur eins als ausgemacht: Es tut diesem epischen Werk nicht unbedingt gut, in zwei Teile zerbrochen zu werden. Aber das ist wohl eher nicht dem Regisseur selbst anzulasten. Ebenso wenig, daß der erste Teil rund 30 Minuten kürzer ins Kino kommt. Nur unwillig lizenzierte er am Ende diese Fassung. Anteil hatte er allerdings an der gewieften Werbekampagne, die häppchenweise die obskuren Erwartungen – und bei manchem auch die Angst – schürte, von Trier provoziere diesmal mit einem fiesen Porno. Viel Lärm um NYMPHOMANIAC also, bevor der Film überhaupt über die Leinwand flimmerte.

Aber nein, es geht zwar um die Lebensbeichten einer Sexsüchtigen, in der Rahmenhandlung verkörpert durch von Triers Lieblingsschauspielerin Charlotte Gainsbourg, in der Binnenhandlung durch das Modell Stacy Martin, doch die expliziten Episoden regen allenfalls zu einer Diskussion darüber an, ob das jetzt eher ein Sex- oder ein Antisexfilm ist. Stattdessen kleidet sich Teil 1 größtenteils als philosophische Plauderstunde, ergänzt durch eine Reihe meist komödiantischer Anekdoten. Nymphomanin Joe wird nämlich halb bewußtlos von einem älteren Junggesellen, von-Trier-Veteran Stellan Skarsgard, von der Straße aufgelesen und zu Hause mit Tee versorgt. Sie hat zu viel vom Leben, er zu wenig. Sie versucht, ihm durch ihre Erzählungen zu beweisen, daß sie eine schlechte Person ist, die nämlich ihre Sex-Karriere damit begann, zeugungswillige verheiratete Männer auf dem Heimweg ihres Samens zu berauben, und sie als mutwillige Familienzerstörerin fortsetzte, um schließlich in der Verzweiflung anzukommen, ganz nach dem Motto „Fuck The Pain Away.“ Er kontert mit Vergleichen aus seiner Welt, und dazu zählt Fliegenfischen ebenso wie polyphone Musik – Stichwort kleine Orgelstunde.

Alles ganz nett, aber wo bleibt die emotionale und übrigens auch spirituelle Wucht, mit der frühere Werke wie BREAKING THE WAVES, auch ein Film über eine zwanghaft sexualisierte Frau, einen im Kino geradezu zerstörten? Und worum geht es hier im Kern überhaupt? Möglicherweise erfahren wir das im Teil 2. Gerade als die Liebe ins Spiel kommt, ist in Teil 1 das Spiel nämlich plötzlich aus. Doch bis dahin hat es den Anschein, von Trier orgelt sich eher mit mildem Biß durch seine Standardthemen. Darüber helfen dann auch die bösen Gitarrenriffe von Rammstein nicht hinweg.

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...