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Rudolf Thome – Überall Blumen

Porträt eines Eigenwilligen

In vier Jahrzehnten drehte er 28 Filme und zumindest einer, nämlich ROTE SONNE (1970), ist so etwas wie ein Klassiker. Also eher so eine Art Vielleicht-Klassiker, weil vorranging nur noch vom heimischen Restbestand echter Kinoenthusiasten goutiert und mithin ein Streifen, der, wie das Gesamtwerk Thomes und letztlich auch der Regisseur selbst, in einsamer Eigenwilligkeit auf dem Außenseiterposten verharrt. Was im Grunde auch damals schon der Fall war, als der „Neue Deutsche Film“ ja einiges an Eigenwilligkeiten ermöglichte und an Außenseitern hervorbrachte. Etwas, wozu das hiesige Kino inzwischen kaum mehr willens und fähig wohl auch nicht ist.

Was dann auch in RUDOLF THOME – ÜBERALL BLUMEN ein Strang innerhalb dieses Porträts ist, das Serpil Turhan in einer Mischung aus Lakonie und Intimität, Nähe und auch mal sanft ironischer Distanz, aus unprätentiöser Genauigkeit und unaufdringlichem Insistieren geschaffen hat: ein Film über einen Filmemacher, der versucht, einen neuen Film zu machen.

Um Rudolf Thome also geht es. Man sieht ihn in der Zurückgezogenheit seines brandenburgischen Bauernhofes, beim Drehbuchschreiben und Fröschefangen, beim Rasieren und beinahe rituell anmutenden Verfassen des täglichen Blogeintrages, der gleichsam ein Zeichensenden an die Welt wider deren Vergeßlichkeit ist. Wozu der Blick in jenen Hofspeicher paßt, in dem Filmrollen und Kostüme aus dem Schaffen Thomes im Dornröschenschlaf des Vergessens verstauben. Eine bittere Szene.

Er sei der „wichtigste, unbekannte deutsche Regisseur“ stand einmal über Thome in den Cahiers du Cinema geschrieben. In Turhans Porträt ist zu sehen, was das bedeutet. Nicht, daß da (Selbst-)Mitleid und Trübsinn walten. Thome ist dafür einfach ein zu kantiges Exemplar an Selbstbehauptung. Auch wenn die manchmal schwer fällt. ÜBERALL BLUMEN hätte der Film heißen sollen, den Thome gern als seinen 29. gemacht hätte. Jetzt heißt Turhans Porträt so, welches nicht zuletzt ein Protokoll der vergeblichen Mühen Thomes um eine Finanzierung seines Films ist.

Und nein, man muß dazu nichts mehr sagen. Es spricht für sich. Aber wie Thome lächelnd darüber sinniert, daß er jetzt, nach erneutem Scheitern eines Filmprojektes, seine Autobiographie schreiben müsse, als Lebensrettungsmaßnahme, das sollte man sich ansehen. Denn auch das spricht für sich. Und für Thome sowieso.

D 2016, 84 min
FSK 0
Verleih: Peripher

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Serpil Turhan

Kinostart: 15.09.16

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.