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Running Scared

Abstieg in die Hölle

Wenn gute Menschen jene sind, die anderen bewußt kein Leid zufügen, werden sie in diesem Film keinen solchen finden, statt dessen viele Abstufungen der Verkommenheit. Ein unbedachter Fehltritt setzt eine blutige Kettenreaktion in Gang, aus der es kein Entrinnen gibt. Auch für den Zuschauer nicht, der sich wider die Vernunft dem ausgeklügelt alptraumhaften Bilderrausch aussetzt.

"Gibt’s in dieser beschissenen Stadt keine ehrlichen Cops mehr?" Tommy, Chef der Perello-Bande, hat ein Problem. Bei einem Deal legte er Gegner um, die sich als korrupte Bullen herausstellen. Also muß seine Waffe spurlos verschwinden. Dafür ist sein Helfer Joey Gazelle zuständig. Der glaubt alles im Griff zu haben. Statt die Knarre zu entsorgen, behält er sie, vermeintlich gut versteckt. Der 10jährige Nachbarsjunge Oleg beobachtet ihn dabei. Er klaut sie, legt seinen tyrannischen Vater um und flieht. Anhand der Kugeln identifiziert die Polizei sie als jene Waffe, durch die ein Kollege starb. Der korrupte Polizist Rydell setzt die Perello-Bande unter Druck, will einen Schuldigen. Die wiederum will wissen, wie Oleg zu der Waffe kam. Innerhalb von Minuten steckt Joey tief in der Klemme. Wenn ihm sein Leben lieb ist, muß er Oleg und die Knarre finden, bevor es die Polizei oder seine Gangsterkumpane tun. Die Zeit läuft.

Kaum zu glauben, daß Wayne Kramer seinem gutmütigen Erstling THE COOLER diese pulstreibende, filmgewordene Blutrünstigkeit folgen läßt. Kramer verweist auf Märchenmotive, das wird spätestens im perfekt animierten Abspann klar. Doch beraubt er die Idee jeglicher Unschuld. Olegs Odyssee durch den dunklen Wald führt zu Süchtigen, Nutten und Pädophilen. Wenn man glaubt, das Schlimmste sei überstanden, wartet schon der nächste Schock. Immer tiefer in die Nacht, weiter hinab in die Abgründe von Mafia, Mord und Abschaum führt die atemlose Jagd. Daß Kramer dies in sensationelle Bilder kleidet, ein dicht geflochtenes visuelles Wunderwerk serviert, lindert die Haßliebe zu seinem Film nur unwesentlich.

Doch er treibt das Spiel auf die Spitze, propagiert unverhohlen bewaffnete Selbstjustiz und führt hinterhältig die Emotionen des Zuschauers ad absurdum. So wird das Kinoticket zur Fahrkarte für einen faszinierend widerwärtigen Höllentrip, an dessen Ende (sofern man durchhält) ein übergroßes "Warum?" steht.

Originaltitel: RUNNING SCARED

USA 2006, 122 min
Verleih: 3L

Genre: Thriller, Action

Darsteller: Paul Walker, Chazz Palminteri, Cameron Bright

Regie: Wayne Kramer

Kinostart: 13.04.06

[ Roman Klink ]