Noch keine Bewertung

Schreibe mir – Postkarten nach Copacabana

Mit 14 hat man noch Träume ...

... so wie Alfonsina, ein in 4000 Metern Höhe in Bolivien, also praktisch dem Zipfel der Welt, lebendes Mädchen. Konkret wünscht sich die Heranwachsende, das verschlafene Heimatkaff baldmöglichst zu verlassen. Aber vorerst kann Alfonsina bloß den Erzählungen von Mutter Rosa lauschen, welche als Stewardess ständig reist, und Touristen darum bitten, ihr Postkarten aus allen Ecken der Erde zu schicken. Jungstechnisch wird im Dorf auch nicht eben viel geboten, weswegen sich unsere Fernwehgeplagte Hals über Kopf in den durchreisenden Studenten Daniel verguckt, obwohl diese Liebe zwangsweise nicht dauerhaft sein kann. Aber immer noch besser als nichts, zumal Alfonsinas beste Freundin sich einen ­Machotypen angelt, keine Zeit mehr hat, und Rosa einem windigen Geschäftsmann schöne Augen macht. Das alltägliche Gefühlschaos bricht aus; nun kann nur Oma Elena helfen.

Tatsächlich hat der Film in Elena einen heimlichen Star gefunden: So viel Güte, Weisheit, Verständnis und Herzenswärme können eben nur Großmütter aufbringen, jede Szene, in der Omi auftritt, gerät zum emotionalen Ereignis. Was allerdings auch nötig ist, weil die zu gediegene Inszenierung sonst keine wirklichen Höhepunkte zu setzen vermag, selbst die pittoresken Landschaftsbilder eher Urlaubskatalogsstimmung verbreiten. Es fehlt der Ausgleich durch eine mitreißende Handlung oder intelligente Sichten auf Leben und Leute, obgleich vereinzelte Dialoge à la „Haben wir etwas zu verlieren? – Nur unsere Erinnerungen ...“ durchaus von erzählerischer Kompetenz zeugen. Leider verliert sich diese irgendwann völlig in sicherlich schön gedachten Märchen-Anleihen, wenn etwa Opas Geist erscheint, oder in zwischenmenschlichen Dramen, die eigentlich keine Erhöhung zum Kinofilm erlauben, zumal selbiger manchmal nur haarscharf an der Grenze zum Kitsch vorbeischrammt; erwähnt sei hier beispielsweise das Ende.

Insgesamt kann sich Alfonsinas Geschichte vom Erwachsenwerden ungeachtet aller Bemühungen mit der – wohlmeinend formuliert – sanft plätschernden Inszenierung niemals so recht vom Flair eines Samstagabend-TV-Movies befreien. Und so ergeht es diesen filmischen Postkarten wie den meisten ihrer Schwestern aus Papier: Man freut sich zwar schon über ihren Erhalt, aber ins Erinnerungsalbum werden sie nicht eingeklebt.

D 2009, 96 min
Verleih: Movienet

Genre: Erwachsenwerden, Drama, Liebe

Darsteller: Júlia Hérnandez, Friedrich Mücke, Carla Ortiz, Florian Brückner

Regie: Thomas Kronthaler

Kinostart: 24.09.09

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...