D 2024, 90 min
Verleih: Drop-Out Cinema
Genre: Dokumentation, Biographie, Schicksal
Regie: Luigi Toscano
Kinostart: 21.11.24
2015 begegnete Luigi Toscano, Filmemacher und Initiator des Projektes „Gegen das Vergessen“, Anna Strishkowa. Es war eine Begegnung, die Toscano tief berührte. Warum, zeigt jetzt seine Dokumentation SCHWARZER ZUCKER, ROTES BLUT. 1943 wird Anna nach Auschwitz deportiert. Da ist sie keine drei Jahre alt. Als Sowjettruppen das Lager 1945 befreien, ist das Mädchen ein bloßes Phantom: Sie erinnert sich nicht ihres Namens, nicht ihrer Familie, nicht des Ortes ihrer Herkunft. Mutter, Vater, Angehörige waren und blieben verschollen. Im Bewußtsein des Kindes gab es nur dieses Lager. „Identität“ verlieh allein die auf dem Arm tätowierte Häftlingsnummer. Die wird später von den Adoptiveltern entfernt. Man hofft so, das Kind, das jetzt Anna gerufen wird, von Trauma und Stigma zu befreien. Eine Narbe bleibt zurück.
SCHWARZER ZUCKER, ROTES BLUT ist das Rechercheprotokoll einer Spurensuche und Erinnerungsarbeit. Aber vor allem ist der Film das Porträt von Anna – und einer Gruppe von Frauen, die sich mit Annas Leben wie auch Toscanos Recherche verweben. Dabei geht es nicht nur um Erinnerungen als solche, sondern auch um den oft diffizilen Prozeß des Erinnerns und der Spurensuche. Das in Bezug zu setzen, ist ein inhaltlich kluger Zug. Und ein dringliches Statement wider das Vergessen sowieso.
Doch sind auch hier wieder Formfragen zu stellen. Etwa: Was soll so eine Sequenz wie jene, in der ein leicht korpulenter Mann mit Zopf (Toscano) auf seinem Fahrrad vor dem Auschwitz-Tor daherradelt? Oder: Muß der musikalische Gefühlskleister wirklich so oft so dick kleistern? Und gibt es ästhetisch nicht bessere Wege als diese Lehrfilmanmutung im TV-Format?
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.