Originaltitel: THE SON

USA/F 2022, 123 min
FSK 12
Verleih: Leonine

Genre: Drama

Darsteller: Hugh Jackman, Laura Dern, Vanessa Kirby, Zen McGrath, Anthony Hopkins

Regie: Florian Zeller

Kinostart: 26.01.23

1 Bewertung

The Son

Dringende Familienangelegenheiten

Nicht, daß sich falsche Fährten legen allein beim Lesen des Titels und einem Blick auf die Besetzung: Dieser Film ist zwar der Nachfolger von THE FATHER, stammt auch von Autor und Regisseur Florian Zeller, ist die neuerliche Adaption seines eigenen Bühnenstücks, und wieder ist Anthony Hopkins dabei, doch in direktem Zusammenhang stehen beide Werke nicht. Nur, wenn man voraussetzt, daß es sich um dringende Familienangelegenheiten handelt. Was beide Streifen unmißverständlich zusammenführt, ist ihre Qualität – die Effizienz in Erzählung und Inszenierung sowie das fein austarierte Spiel eines kleinen, diesmal nicht britischen, sondern US-amerikanischen Ensembles. Im Falle von Hugh Jackman sollte man sich vor einer Überraschung nicht scheuen – einer angenehmen.

Der Horizont, der sich hinter vier Worten von Kate aufmacht, ist in weiter Ferne bestenfalls zu ahnen: „Ihm geht’s nicht gut“, sagt die Ex zum Ex. „Er braucht Dich!“ Peter nimmt die Worte an und seinen 17jährigen Sohn Nicholas bei sich auf, obwohl oder eben weil er mit seiner neuen Frau Beth und einem zweiten Kind am nächsten Neuanfang baut. Mühsam, emotionsgeladen, voller Pein und Ohnmacht wird Peter in den kommenden Wochen spüren, daß Nicholas schlichtweg an der Scheidung der Eltern zerbrochen ist. Daß er lieber in der Schule fehlt, anstatt dort Rede und Antwort zu stehen, daß er Schuldige sucht und die Mutter verstößt, indem er sich einer mutmaßlich früh getroffenen Entscheidung, wo er nunmehr zu wohnen hat, widersetzt.

Anfangs sieht es so aus, als könne Nicholas den Versuch als Ausweg sehen, weil sich Peter und Beth wirklich um ihn bemühen, weil Kate nicht noch Öl ins Feuer gießt, und etwas Licht ins verschlossene Dunkel des Jungen scheint. Doch nach und nach wird deutlich: Es kann nur eine Schlinge sein. Nicholas, der „Zweigeteilte“, ist schon zu heftig weit unten in seiner Traurigkeit angelangt. „Es ist das Leben“, wird er antworten, als man ihn fragt, was er denn habe.

Hat jemand behauptet, die Handlung von THE SON sei leichte Kost, schon oft gesehen, weil hinlänglich thematisiert? Fürwahr nicht! Denn mit wieder schnittiger Präzision, die Aufmerksamkeit herausfordernden Leerstellen, mit vielschichtigen Charakteren und einer bezwingenden Eleganz geht Zeller ans Eingemachte einer menschlichen Zerrissen- und letztlich Verlorenheit. Ohne Posen und Parolen.

[ Andreas Körner ]