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The War Zone

Erschütterndes Regie-Debüt von Tim Roth

Tom ist traurig. Von London zogen er und seine Familie ins recht trostlose Devon. Seine Mutter ist hochschwanger und sein Vater versucht, beruflich Fuß zu fassen. Auch Jessie, seine Schwester, wirkt verstimmt, hofft aber, bald aufs College nach London zu kommen. Neben all den Veränderungen hat Tom auch noch mit der Pubertät zu tun. Eines Tages nimmt er die Annäherung zwischen seinem ihm stets fremd gebliebenen Vater und seiner Schwester wahr. Völlig verunsichert beginnt er, nach Beweisen für den leisen Verdacht zu suchen. Doch dann macht Tom in einem Bunker an der stürmenden Küste Devons eine grauenvolle Entdeckung...

Es ist nicht zu vermeiden, daß bei Tim Roths Regiedebüt die Tränen fließen. Wut und Ohnmacht strömen auf den Zuschauer beim Betrachten dieses verstörenden Films ein. Roth erzählt leise und chronologisch vom Alptraum Familie. Niemals sensationalisiert er, verdirbt die ergreifend triste Atmosphäre nicht mit Gequatsche und läßt traurige, desillusionierte Augen für sich sprechen. Verblüffend, wie realistisch Tim Roth die Charaktere zeichnet. Die sichtlich kraftlose, von der Geburt des Nachwuchses erschöpfte und mit drei Kindern überforderte Mutter verkommt bei ihm trotz aller Zurückhaltung nie zur Randfigur. Gerade bei ihr sucht Tom Verständnis und Unterstützung. Vor allem hofft er verzweifelt, daß sie ihm glaubt. Ihre leeren Augen verraten, daß sie nicht helfen kann. Solche Filme sind selten und man kann nur hoffen, daß Tim Roths Mut, gegen Konventionen zu filmen, den Zuschauer zu beanspruchen und seinen Figuren trotz aller Grausamkeit nicht den Funken Hoffnung zu nehmen, der das Überleben scheinbar aussichtsloser Situationen erst möglich macht, belohnt wird.

Neben BOYS DON’T CRY gehört dieser meisterhafte Film zum ergreifendsten und besten Kino des Jahres.

Originaltitel: THE WAR ZONE

GB 1998, 99 min
Verleih: Arsenal

Genre: Drama, Erwachsenwerden

Darsteller: Ray Winstone, Tilda Swinton, Freddie Cunliffe

Regie: Tim Roth

Kinostart: 01.06.00

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.