Originaltitel: ENTRE AMIS

F 2015, 91 min
FSK 12
Verleih: Weltkino

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Daniel Auteuil, François Berléand, Gérard Jugnot, Zabou Breitmann

Regie: Olivier Baroux

Kinostart: 31.12.15

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Unter Freunden

Sympathische Bewährungsprobe mit Wellengang

Die Franzosen verstehen viel von gutem Wein, feiner Küche und leiblichen Genüssen ganz allgemein. Vom Segeln indes verstehen sie nichts. Was ganz wunderbar ist, sorgt doch genau jenes Handicap in dieser luftigen, pointiert geschriebenen Komödie für manchen Lacher. Ausgangspunkt ist der alljährliche gemeinsame Urlaub, dieses Mal soll es ein Segeltörn nach Korsika sein.

Am Kai geht es schon los, das Match der Bäuche. Seit mehr als vier Dekaden sind Richard, Gilles und Philippe gute Freunde, man ist gemeinsam älter geworden, reifer nicht zwingend, das noch immer Jungenhafte blitzt durch, und die Drei sind eben auch 40 Jahre schwerer geworden. Und schon da sitzt der Gag, wenn Richard, der Arzt, der sich von den anderen deutlich erbittet, nicht über die Ex Charlotte zu sprechen, seine neue Freundin Daphné anschleppt, und bei deren Aufschlagen die Männer reflexartig reagieren, wie Männer im besten Alter eben reagieren, zumal, wenn der Gürtel kneift, im Anblick der Jugend aber nicht kneifen darf: Man zieht den Bauch ein. Astrid und Carole, die mitreisenden Gattinnen, haben derlei nicht nötig, deren Urteil über das Frischfleisch ist – ebenfalls naturgemäß – ein präzises: „Sie wird uns nerven!“ Was sich bewahrheiten soll, spätestens, als Astrid ob der gleichen Badegarderobe schlangengleich zurückzischelt: „Jetzt sind wir Bikinifreundinnen. Juhu!“

Es wird geätzt, geneidet, gelästert und getuschelt, schon weil es Richard mit allem sehr ernst ist: dem Dauergeknutsche mit Daphné, und dann auch noch mit der Order, daß man ihn doch bitte mit Kapitän ansprechen soll, immerhin habe er einen Bootsschein. Von nautischen Fähigkeiten ist wie gesagt nicht viel übriggeblieben, aus fünf Jahren Segelschulen werden flugs wenige Monate, die Rettung für den Törn ist ein herrlich überzeichneter korsischer Skipper.

Regisseur Olivier Baroux greift ein bewährtes Szenarium auf: an sich befreundete Menschen vereint auf engstem Raum, der unbedingte Wille zur Urlaubsharmonie, die Bewährung in extremen Situationen (ein Sturm zieht auf!), und er macht wirklich alles richtig! Mit liebevollem Pinselstrich zeichnet er das Verheimlichen manch’ überwunden propagierter Schwäche (Rauchen durchs Bullauge), das Neiden amouröser Leidenschaft der anderen, die Normalität des Wunsches, den längjährigen Partner in entflammter Wut auch mal – hier wörtlich – über Bord werfen zu wollen, und daß als Ausdrucksmittel die klassische Ohrfeige oder auch die gemeine Häme dazugehören, zum Beispiel, wenn man sorgenvoll erfragt, ob alles okay ist, während sich die Jungverliebte die Seele aus dem Leib kotzt, trägt doch sehr zum Amüsement des Publikums bei. Überhaupt ist der Witz teils ein deftiger und dennoch mit Esprit: Daphné wird als Phalloplastikerin vorgestellt, kennengelernt habe sie Richard als einen ihrer Patienten ...

Baroux zweifelt nicht einen Moment an der geprüften Freundschaft, gerade weil er den alten Säcken schwache Momente, späte Geständnisse und manche bittere Wahrheit zugesteht, wozu eben auch nach derart langer Verbundenheit die Frage gehört, wer wohl als erstes abtreten muß. Jeder lebt sein Leben, da schwingt eine gesunde Brise Melancholie mit, die eben auch zu den Genußfranzosen gehört. Und daher taugen als Quintessenzen des charmanten Films: Alte Männer können echt nicht tanzen, echte Freundschaft verträgt heftige Schwankungen und in gewissen Situationen hilft eben wirklich nur die Axt. Außerdem: Ein Leben ohne Wein und Meeresfrüchte soll wohl möglich sein, ein gutes ist es wahrlich nicht.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.