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Vergiß Dein Ende

Porträt einer Überforderung

Kot, Kotze, fahle Haut, glanzloses Haar, heruntergezogene Mundwinkel – Andreas Kannengießer geht in seinem Spielfilmdebüt VERGISS DEIN ENDE ganz nah heran ans wahre Leben, und das sieht in diesem Fall sehr unschön aus. Hannelore – dargestellt von SOLO SUNNY-Schauspielerin Renate Krößner – pflegt jahrelang ihren dementen Mann und ist nun am Ende ihrer Kräfte. Ihr tumber Sohn Heiko ist keine Hilfe, wirklich miteinander geredet wurde in dieser Familie anscheinend schon seit Ewigkeiten nicht. Aus einem Impuls heraus folgt Hannelore heimlich ihrem Nachbarn Günther zum Bahnhof und schließlich in den Zug. Bislang verband die beiden nicht mehr als kurze, reservierte Begegnungen am Briefkasten. Günther fährt in sein Ferienhaus auf einer kleinen Insel, auf der er glückliche Zeiten mit seinem gerade erst verstorbenen Lebenspartner Bernhard verbracht hatte. Gepäck hat er nicht dabei, wozu auch, er will dort sein Ende setzen. Hannelore, die sich mit einer aus Verzweiflung geborenen Penetranz an ihn hängt, durchkreuzt seine Pläne. Zaghaft nähern sich die beiden vom Schicksal Geschlagenen einander an. Derweil ist Heiko mit der plötzlichen Verantwortung für seinen Vater völlig überfordert, die ohnehin wacklige Beziehung zu seiner schwangeren Freundin hält dem Druck nicht stand.

Mit Demenz und der permanenten Überlastung der pflegenden Angehörigen tut sich unsere alternde Gesellschaft noch immer schwer. Gerade deshalb trifft das Thema einen blank liegenden Nerv. So hatte der Autor Arno Geiger mit seinem 2011 erschienen Buch „Der alte König in seinem Exil“, in dem er die Beziehung zu seinem dementen Vater thematisiert, durchaus großen Erfolg. Keine Frage, Kannengießer spricht ein wichtiges und filmisch vernachlässigtes Thema an. Genau deshalb ist es schade, daß ihm trotz seiner ausgestellt hohen Ambitionen kein mitreißender Film geglückt ist. Der Absolvent der Filmhochschule „Konrad Wolf“ verläßt sich nicht auf den Kern seiner Geschichte, sondern baut allerhand erzählerisches Beiwerk drumherum. Zahlreiche Rückblenden hemmen den Erzählfluß, die Figuren wirken zudem, als würden sie die ganze Zeit neben sich stehen.

Alles ist überbetont nüchtern gefilmt, dabei wird die gesamte Skala der beigen Farbtöne ausgereizt. Kurzum: VERGISS DEIN ENDE schleppt sich zäh dahin, wäre der Film ein Buch, würde man einfach schnell zum Ende vorblättern und wäre dann nicht einmal überrascht.

D 2011, 93 min
Verleih: Basis

Genre: Drama

Darsteller: Renate Krößner, Dieter Mann, Hermann Beyer, Franziska Jünger

Regie: Andreas Kannengießer

Kinostart: 06.10.11

[ Dörthe Gromes ]