Originaltitel: OUR KIND OF TRAITOR

GB 2015, 108 min
FSK 16
Verleih: StudioCanal

Genre: Thriller, Literaturverfilmung

Darsteller: Ewan McGregor, Naomi Harris, Stellan Skarsgard

Regie: Susanna White

Kinostart: 07.07.16

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Verräter wie wir

Räuberpistole und trotzdem grundsolide

Die Beziehungskrise ist schuld. Und dabei sind Perry und Gail doch extra zum Romantikurlaub nach Marrakesch gereist. Also in der Hoffnung, vor der exotischen Kulisse wieder etwas Feuer in ihrer verglimmenden Liebe zu entfachen. Aber so recht klappt das nicht. Und als Perry, der Literaturwissenschaftler und Oxford-Dozent, dann eines Abends trübsinnig in einer Bar sitzt, tritt plötzlich der so ganz und gar nicht trübsinnig scheinende Dima an seinen Tisch. Ein Russe, ganz imposante Erscheinung. Und am Feiern mit Landsleuten in einem Nebenraum, in dem dann auch Perry bald feste mittrinkt. Hätte er mal lieber bleiben lassen sollen. Obwohl …

Denn man muß schon mal sagen, und das, ohne zu viel zu verraten: Schaut man sich VERRÄTER WIE WIR an, könnte man auf den Gedanken kommen, daß nichts so belebend für eine Liebesbeziehung ist wie ein anständiges Spionageabenteuer. Dima nämlich entpuppt sich bald als erfolgreicher Geldwäscher der Russenmafia. Allerdings steht er bei der auf der Abschußliste. Machtstrukturen, die sich ändern, alte Loyalitäten, die nicht mehr gelten: Dima weiß um die Gefahr, die droht. Ihm und seiner Familie. Mit brisanten Informationen, die auch britische Politiker und deren illegale Geschäfte betreffen, will er sich vom MI5 Sicherheit und eine neue Existenz in England erkaufen. Perry fällt in diesem Plan eine wesentliche Rolle zu.

VERRÄTER WIE WIR ist einmal mehr die Verfilmung eines John-le-Carré-Romans. Allerdings eine von denen, die eher nach Räuberpistole denn realistischem Agenten-Kino aussehen. Das liegt an der Schnurstracks-Inszenierung, mit der Regisseurin Susanna White hier durch die Kulissen (Moskau, Marrakesch, London, Paris, Schweiz) düst. Und das liegt an einer Geschichte, die nicht gerade zu den komplexesten im Werk le Carrés gehört. Nun kann freilich nicht immer alles von jener Meisterschaft sein, wie sie etwa KÖNIG, DAME, AS, SPION eigen ist, und faszinierende Figuren wie Smiley erschafft man eben auch nicht alle Tage.

Und läßt man somit derlei Parameter einfach mal beiseite, entpuppt sich VERRÄTER WIE WIR dann doch als grundsolides Spannungskino. Immer noch als Räuberpistole, aber der etwas raffinierteren Art, die mit einer klassisch simplen Frage fesselt. Nämlich der, wie das Ganze wohl ausgehen wird mit Dima und der Mafia und dem Geheimdienst. Und natürlich auch mit Perry und Gail.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.