Originaltitel: OBET

Slowakei/Tschechische Republik/D 2022, 91 min
FSK 12
Verleih: Rapid Eye Movies

Genre: Drama

Darsteller: Vita Smachelyuk, Gleb Kuchuk, Igor Chmela, Viktor Zavadil

Regie: Martin Blasko

Kinostart: 06.04.23

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Victim

Fall pauschal

Irina trägt ihre Habachtstellung schon im Gesicht. Als Ukrainerin in Tschechien mußte sie sich an Vor- und Umsicht gewöhnen, jetzt wird existenzielle Notwendigkeit daraus. Um fehlende Papiere für ihr Einbürgerungsverfahren zu besorgen, ist sie in die alte Heimat zurückgekehrt und erfährt dort, daß ihr 13jähriger Sohn Igor schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Sie stürzt förmlich über die Grenze zurück. Erst stellt Irina Fragen, bald schon die Polizei. Igor spricht in kargen Worten von einem Überfall im Hausflur des als prekär geltenden Neubauviertels, wo Mutter und Sohn leben. Drei Täter seien es gewesen, erkannt hätte Igor sie nicht.

Als sich erste Verdachtsmomente gegen eine Roma-Familie richten und es eine Verhaftung gibt, bekommt Irina wuchtige Wut zu spüren. Es ist ein bedrohlicher Zustand, der ihrem schlichten Leben als Reinigungskraft und dem zart keimenden Traum vom eigenen Frisiersalon zusetzt. Doch Irina erfährt auch Zuwendung und Solidarität seitens der Öffentlichkeit. Schnell, zu schnell ist eine Demo organisiert, die Presse meldet sich genauso wie die Bürgermeisterin, eine neue Wohnung und ein Scheck über 50 000 Kronen sind parat. Allein das wären Gründe für Irinas Habachtstellung, einfach, um zu erfahren, wer es ehrlich meint und wer da wem politisch auf den Leim geht. Doch das größte Problem bekommt Irina mit Igor und seiner herausfordernd neuen Version der Ereignisse.

Mit VICTIM zielt Regisseur Martin Bla?ko allzu offensichtlich auf einen gesellschaftlichen Brandherd nicht nur beim tschechischen Nachbarn. Um ihn beim Lodern zu packen, hätte es viel schärfere Kontur nach allen Seiten gebraucht.

[ Andreas Körner ]