Originaltitel: LOVE PUNCH

GB/F 2013, 95 min
FSK 0
Verleih: Universum

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Emma Thompson, Pierce Brosnan, Timothy Spall, Celia Imrie

Regie: Joel Hopkins

Kinostart: 16.10.14

7 Bewertungen

Wie in alten Zeiten

Welch’ herrlich abgefahrenes „Wir probieren’s noch mal!“

Pen hat Recht: „Immer noch zum Anbeißen!“ Das findet sicherlich auch Kate, doch nach der Scheidung hält sie bewußt Distanz zu Richard. Daß die beiden sich demnächst wieder näherkommen, wenn auch erst einmal aus rein pekuniären Gründen, konnte keiner ahnen. Richard, der graumelierte Beau, hat sich aufs Altenteil zurückgezogen, seine und auch Kates Rentenvorsorge auf eine Karte gesetzt, und die war eben kein Trumpf. Heuschrecken haben sich alles einverleibt, Kate und Richard schäumen vor Wut und schmieden einen Plan: Das Modelweibchen eines der Spekulanten wird sich in Kürze verloben, dazu trägt es ein millionenschweres Kollier. Eins und eins ergibt eine Reise nach Südfrankreich, Pen und ihr kauziger Gatte Jerry unterstützen die beiden Freunde auf der Jagd nach den Diamanten, und bald machen die Vier eine Figur im Taucheranzug – beileibe nicht die beste.

Es braucht schon etwas Chuzpe, eine derartige Räuberpistole in der heutigen Zeit zu servieren, doch: Chapeau! Joel Hopkins kriegt das mit Charme, einem Bekenntnis zum altmodischen Erzählen und teils brüllkomischen Einfällen ganz wunderbar hin. Und am wichtigsten – mit spielfreudigen, geradewegs angstfreien Schauspielern. Allesamt brillante Akteure, die etwas von Timing verstehen, die pointierte Dialoge zu nutzen wissen, denen aber auch keine Albernheit zu peinlich ist, die bei ihren nur auf den schnellen Blick oberflächlich skizzierten Figuren genußvoll an der Hülle kratzen! So ungelegen kommt Richard und Kate die Abwechslung nämlich gar nicht. Ganz aus den Augen haben sie sich eh nie verloren, und wenn beim Nachhausekommen auf das Begrüßungsritual „Hallo, mein Schatz, da bin ich wieder!“ nur ein müdes Miau vom Stubentiger oder eben gar nichts folgt, läßt das tief blicken. Und immer Alkohol ist auch nicht die Lösung für einen angebrochenen Nachmittag ...

Es ist ein Vergnügen, Emma Thompson und Pierce Brosnan bei einer filmischen Kissenschlacht zu beobachten, die in ihren besten Momenten an die Gefechte zwischen Katherine Hepburn und Spencer Tracy erinnert. Sie schenken sich wahrlich nix: Sie ruft ihn zur Erdung seines kämpferischen Ich-will-unser-Geld-zurück-Aktionismus’ schon mal frech Trotzki und Guevara, er attestiert der Gattin, daß deren Koffer immerhin länger als die eigene Ehe hielten, sie fragt nicht ohne Schadenfreude nach dem Zustand seiner Prostata, er täuscht Sorge um ihren Hallux valgus vor. Das ist wundervoll kindisches Affentheater, durchgedreht und auch schon mal in eine absurde Verfolgungsjagd durch Pariser Gassen mündend, die einem Louis de Funès-Film zur Ehre gereichen würde – zur Seite springende Nonnen inklusive!

Da gehört schon was dazu, seine Figuren und deren Aktionen auch mal so richtig von der Leine zu lassen – Kate zum Beispiel im Rahmen eines Junggesellinnenabschieds, was Emma Thompson durchaus eine gewisse Bereitschaft zum Trash abverlangt, der sie mit diebischer Freude nachkommt. Die Viererbande schließlich geht über zum Kidnapping und Diamantenklau in texanischen Kleidern und mit falschen Bärten. Mit reichlich Augenzwinkern wird den Gemeinheiten und den Chancen des Alters begegnet, Pierce Brosnan darf mit gehörigem Vergnügen seine Bond-Vergangenheit auf den Arm nehmen, eigene Lebensphilosophien werden von den vier Freunden auch schon mal herzlich verlacht, und wenn Kate und Richard dann doch nebeneinander aufwachen, die Ex leicht hysterisch befürchtet: „Wir haben doch nicht etwa ... ?“, entgegnet der als Komödiant geradezu mit Bravour bestehende Brosnan: „Na, man kann es mit der Erleichterung auch übertreiben!“

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.