Originaltitel: CAMPEONES

Spanien 2018, 118 min
FSK 0
Verleih: Concorde

Genre: Komödie, Poesie

Darsteller: Javier Gutiérrez, Athenea Mata, Juan Francisco Margallo, José de Luna, Sergio Olmo

Regie: Javier Fesser

Kinostart: 20.09.18

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Wir sind Champions

… und Sieger der Herzen außerdem

Das Kino steckt eigentlich ständig im Streß, weil es so viele Aufgaben bewältigen muß: Bildung, Aufklärung und Informationsübermittlung gehören dazu. Unterhaltung, Spaß und Feierstimmung ebenfalls. Gefühls-transport, Denkanstöße, Schaffen von Freiflächen für mentale Bemalung sowieso. Und vor allem: es träumt. Und mag dabei freilich fern kühler Realität agieren, so definieren sich Träume, da darf im Rahmen kleiner oder großer Alltagsfluchten die rosarote Brille gezückt werden. Im Heimatland Spanien griffen schon 1,8 Millionen Zuschauer zur pinkfarbenen Sehhilfe. Ein erstaunlicher (und verdienter) Erfolg, den hierzulande zu wiederholen allerdings unmöglich scheint, in Anbetracht dauergedrückter Allgemeinstimmung, ausgedehnter Selbstmitleidsvollbäder und erklommener Jammerhöchststufen. Man kann’s ja dennoch wünschen – und die Protagonisten als positive Vorbilder empfehlen.

Abzüglich Marco natürlich, arroganter Basketball-Co-Trainer, obgleich der Mann allerlei Anlässe hätte, demütig still zu sein: null Anerkennung im Job, die Ehe am Abgrund. Und nun ein Urteil am Hacken, das ihn zur gemeinnützigen Arbeit verdonnert. Konkret bleibt er seiner Profession treu, welche er künftig indes freizeitsportlich mit geistig Behinderten ausüben muß. Für Marco der totale Affront!

Und im Zuschauerraum das erhoffte Rundum-Vergnügen, wobei die erfüllte Erwartung eben kein Stück überraschende Entwicklungen, speziell starke Erschütterungen von Marcos Weltbild, involviert. Ja, Regisseur Javier Fesser erfindet das Genre-Rad beileibe nicht neu, er hält es jedoch stets am schönen Lauf, vermeidet sogar Absacker in allzu politisch korrekt blubbernde Kitschlöcher und überzeugt mit Diversität innerhalb der Gruppe – hier gibt’s statt Scheren über den Gleichheits-Kamm zumindest angerissene Persönlichkeiten, Einer beschimpft derbe den störrischen Salat, der Andere kann Wasser nicht leiden. Liebevolle Porträts, deren Umfang noch weitaus größer hätte ausfallen sollen.

Zumal zwei Stunden zur Verfügung stehen, die manchmal leicht lang geraten, hauptsächlich während des durch – angesichts bisher leiser Töne irritierend – donnernd-heroische Musik begleiteten Finalspiels. Jenes markiert einerseits den Zielpunkt der unbeirrt drauf zuarbeitenden Handlung und generiert andererseits ein echtes emotionales Highlight. Man meint, den Ausgang zu kennen – irrt aber, es kommt tatsächlich ungleich berührender. Jetzt beweist Fesser endgültig seine Meisterschaft, bündelt vorherig verstreute Andeutungen erzählerischer Brillanz. Etwa einen wirklich erfrischenden Running Gag (Stichwort „Vogel“), schlagfertige Sprachspielereien – unter anderem glaubt Marcos Mutter bei „intellektueller Behinderung“ an Schriftsteller in Rollstühlen – oder dem Thema zwar generell einfach abzufordernde, trotzdem ungewöhnlich sorgfältig und einfühlend inszenierte Gefühlseruptionen. Machen Sie sich auf Halskloß und Herzgrummeln gefaßt, wenn das Team eine schlicht zauberhaft zu nennende Verschwörung ersinnt, um Marcos Ängste zu bekämpfen …

Mittels solcher Aktionen gewinnt der ehemalige Empathieverweigerer selbstverständlich – nicht allein – seine Menschlichkeit zurück; glücklicherweise ohne penetrante Moralkeulenhiebe. Denn die Botschaft, daß Normalität jede Menge (gern spleenige) Ausprägungen annimmt, gleichgeschaltete Normierung ablehnt, hat nichts von billigem Aufdrücken. Nein, sie bleibt wohl leider immer zeitlos aktuell.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...