Bild: A LA CARTE! – FREIHEIT GEHT DURCH DEN MAGEN

21. Filmkunstmesse

20.09.–24.09.2021

Passage, Schauburg

www.filmkunstmesse.de

Nicht jammern, neu denken!

Ein Blick auf die 21. Filmkunstmesse

Zur Pressekonferenz tragen manche Journalisten am Platz weiterhin eine Maske, andere haben sie abgenommen, niemand wird schräg angesehen, die Stimmung ist gelöst. Programmchefin Hendrike Bake verleiht dem Morgen optimistischen Glanz: „In diesem Jahr merkt man, daß die Filmbranche wieder mit großem Schwung anläuft.“ Der Ansturm auf die Messe überstieg die nach wie vor durch Corona stark beeinflußten Möglichkeiten, man vermochte nicht, jeden eingereichten Film zu berücksichtigen, letztlich bilden 26 das öffentliche Programm.

In der Passage eröffnet LIEBER THOMAS, die aktuelle der recht seltenen Kinoarbeiten von Andreas Kleinert, und komprimiert Thomas Braschs bewegte Biographie zu zweieinhalb Stunden deutscher Geschichte und einem Porträt vollkommener Unangepaßtheit. Gefälliger der Schauburg-Startschuß unter Leitung des BIRNENKUCHEN MIT LAVENDEL-Regisseurs Éric Besnard: Hier siedelt sich A LA CARTE! – FREIHEIT GEHT DURCH DEN MAGEN anno 1789 an und berichtet vom ersten Restaurant Frankreichs.

Ungleich unappetitlicher knallt TITANE rein, passenderweise als Midnight Special präsentiert – was Unerschrockene da erwartet, klärt eine Heft-Rezension. Außerdem zeigt sich, ob EIN TRIUMPH seinem Titel wirklich alle Ehre macht; bereits preisgekrönt läßt die Kad-Merad-Komödie Gefängnisinsassen ihr schauspielerisches Talent entdecken. Woody Allens RIFKIN’S FESTIVAL hingegen reflektiert erneut Leben, Liebe und Kunst. Kurzer Hinweis für Technikfreaks: herrlich nostalgisch auf 35mm gedreht und ebenso projiziert!

Erwähnt sei neben AMMONITE, eine mit Kate Winslet und Saoirse Ronan toll besetzte, zwischen tatsächlichen Ereignissen und Fiktion verortete Frauen-Romanze, noch DEATH OF A LADIES’ MAN, dessen Besonderheit darin besteht, daß er Leonard-Cohen-Songs zum Erzählen seines Plots nutzt. Welches Werk auch immer den Publikumspreis erringt, es bekommt traditionell am Freitag einen wiederholten Einsatz, derweil die Schauburg Mika Kaurismäkis GRACIOUS NIGHT den Abschluß gönnt: Zwei Freunde treffen regelwidrig im Lockdown einen mysteriösen Fremden, dann nimmt eine lange Nacht ihren Lauf.

Kein schlechter Übergang, um mal die gegenwärtige Situation anzureißen, seitens Felix Bruders, Geschäftsführer der AG Kino-Gilde, zunächst so umrahmt: „Wir wollen nicht die ganze Zeit jammern über das, was war. Wir müssen Kino neu denken, damit es in die Zukunft führt. Aufsperren und auf Play drücken wird nicht reichen.“ Nachhaltigkeit, Medienbildung versus Überflutung oder ausgebauter Kundenkontakt: Öffentliche und online gestellte Branchendiskussionen beziehen den Zuschauer ein, er kann Konzepte und Ideen kennenlernen, teils selbst dazu beitragen. Klare, konstruktive Aufrufe sollen und müssen parallel rausgehen an die Politik, wie es schon im Vorfeld während der Pressekonferenz geschieht: Bruder plädiert für weniger starre Blicke ausschließlich auf niedrige Inzidenzzahlen sowie – angesichts der neuen 3G-Realität – deutlich höhere erlaubte Auslastung, sprich volle(re) Säle; wie Passage-Kollegin Kristin Klemann bestätigt, gehören weggeschickte Gäste heute zur Normalität. Unverändert seltsame Zeiten …

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...