5 Bewertungen

Kairo All Inclusive

Schlimmer als Tourismus

All Inclusive – der Titel löst Gedankenspiele aus. Geht es hier um den Pauschaltourismus? Einmal Pyramiden hin und zurück mit so lala exotischem Essen und ein paar lustigen Händlern, die einem Selbstgetöpfertes verkaufen? Walter Größbauer, der für Regie und Kamera verantwortlich zeichnet, und Alfred Huber, ein Orientalist, der seit mehr als 20 Jahren in Kairo lebt und die Interviews führte, verstehen ihren Film als Einblick in die verborgene Seite der Megametropole. Und sind mit ihrem Anliegen gescheitert. Leider sind nicht nur touristisch ambitionierte Filmschnipsel zu erleben – das hätte man noch verkraften können, steht man ja auch die 936 Diabilder von der letzten Indienreise der lieben Freunde irgendwie durch ­– sondern dramaturgisch fragwürdig aufgebaute Kapitel, die thematisch mit Titeln wie Geburt, Religion, Leben und Arbeit überschrieben wurden. Doch wie ist eigentlich die Arbeit vom Leben zu trennen?

Das Kapitel Schicksal wirft den Betrachter dann auf ganz grundsätzliche Fragen zum dokumentarischen Arbeiten zurück. Sind die Grenzen zum Voyeurismus doch fließend und dieses Bewußtsein sollte behutsam machen. Die Filmemacher betreten hier die ärmliche Behausung einer Frau mit sechs Kindern – oder sollte man sagen, sie fallen in diese ein? – und hören sich ein wenig an, wie es dieser so ergeht. Offensichtlich verspricht sie sich etwas Geld von den westlichen Besuchern, denn sie wird nicht müde, ihre schlechte Lage zu schildern. Die Filmenden geben gute Ratschläge: „Sie müsse sich schon selber bemühen, sich beim Sozialamt melden. Und könnten denn die Kinder nichts dazu verdienen?“ Dann fallen die Dokumentaristen schon wieder aus der Tür hinaus und widmen sich für gefühlte drei Minuten einem anderen „Problem“ ...

Verweilen sie tatsächlich etwas länger und beobachten, wird dies schnell wieder abgeschnitten, und es folgen hübsch zusammengeflickte Bilder von runzligen Männergesichtern, verstaubten Häusern, streunenden Katzen und Zeichen westlicher Zivilisation – scheinbar wahllos. Hätten sie beispielsweise den Mann aus der Familiendynastie der Fußbügler, der mit achtzehn Kilo schweren, glühenden Eisenkolossen selbst Hemdskragen bearbeitet, in seinem Alltag begleitet – Kundengespräche, seine präzise Arbeit, die Pausen – dann hätte man vielleicht ein Gefühl für Kairo und seine Menschen bekommen.

Originaltitel: KAIRO ALL INCLUSIVE

Österreich 2008, 91 min
Verleih: Fortuna

Genre: Dokumentation

Regie: Walter Größbauer

Kinostart: 14.05.09

[ Susanne Schulz ]