Originaltitel: AMERICAN SPLENDOR

USA 2003, 101 min
Label: Sunfilm

Genre: Biographie, Comicverfilmung, Tragikomödie

Darsteller: Paul Giamatti, Hope Davis, Judah Friedlander, Harvey Pekar, Joyce Brabner, Toby Radloff

Stab:
Regie: Shari Springer Berman, Robert Pulcini
Drehbuch: Shari Springer Berman, Robert Pulcini

American Splendor

Die "American Splendor"-Comics haben keinen Superman im Superdreß zu bieten. Sie zeigen den Alltag eines mitteldurchschnittlichen, mittelverrückten Angestellten aus der unteren Mittelklasse, aufgeschrieben von ihm selbst und gezeichnet von anderen, weil er auch fürs Zeichnen nur mittelprächtig begabt war. Seit 1976 verewigt der erst kürzlich pensionierte Krankenaktenarchivar Harvey Pekar seine mediokre Existenz im Comic-Format. Auch Pekars Krebserkrankung wurde als "Our Cancer Year" Bildergeschichte. Der Jedermann aus Cleveland bekommt nun, was er verdient: eine außerordentliche, vor allem außerordentlich komische Filmbiographie.

Der Zeichner Robert Crumb, eine Zufallsbekanntschaft vom Flohmarkt, ermutigt Pekar, sein grauschillerndes Durchschnittsleben in Skizzen festzuhalten und illustriert einige davon - die Hefte werden Kult. Und sie bescheren Harvey die Begegnung mit Joyce, einem aus Haaren und Brille bestehenden Comic-Groupie. Ein paar Ehefrauen hat Pekar schon vernörgelt, so geschwätzig, daß seine Stimmbänder den Geist aufgaben. Diese von Verdauungsstörungen geplagte Frau ("Wow, you’re a sick woman!") muß zwar nach dem ersten Kuß kotzen, aber sie bleibt - bis heute.

Virtuos schaltet das Regiepaar Leben und Werk des Harvey Pekar übereinander: in Spielfilmszenen bricht die Comic-Welt ein, Sprechblasen wachsen aus realen Köpfen. Dazwischen Dokumentarmaterial von Pekars TV-Auftritten bei David Letterman, von Interviews, die am Rande der Dreharbeiten geführt wurden. Hier sitzen und reden die Echten: Harvey, seine Joyce aus Brille und Haaren, Freund Toby, der sich nach seinem Lieblingsfilm REVENGE OF THE NERDS stolz als Eierkopf bezeichnet und von Joyce liebevoll "autistischer Grenzfall" genannt wird. Die fiktionalisierten Figuren bestehen den direkten Vergleich mit ihren realen Vorbildern: sie sind Nerds, Eierköpfe, anstrengende Nervensägen, schräge Fußnoten zum Glanz Amerikas.

Der unverwechselbare Sound dieser Biographie ist das Schlurfen, ihr herrliches Aroma das von mehrfach getragenen Socken und kaltem Kaffee. Berman und Pulcini gelingt ein Kunststück des dramatischen Understatements: uncool, unsexy und absolut aufregend.

[ Sylvia Görke ]