Originaltitel: COBAIN

NL/Belgien/D 2017, 94 min
FSK 16
Verleih: W-Film

Genre: Drama, Erwachsenwerden

Darsteller: Bas Keizer, Naomi Velissariou, Dana Marineci

Regie: Nanouk Leopold

Kinostart: 13.09.18

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Cobain

Mein kleiner Mann

Ist es nun cool oder scheiße, nach einem „Typen“ benannt zu sein, „der sich eine Kugel in den Kopf jagte“, wie Cobain lakonisch abwiegelt, auf seinen ungewöhnlichen Namen angesprochen? Symptomatisch für das Leben des 15jährigen sind die Assoziationen, die aufblitzen, wenn man ihn hört: Drogen, Depression, nur der Glamour fehlt. Dafür taucht Regisseurin Nanouk Leopold die Straßen, auf denen sich ihr ruheloser Held bewegt, in theatralisches Licht.

Cobain ist On The Road, ein ungelenker Junge, trotzdem Schon-fast-Mann, ein Suchender, der zu viel auf seinen schmalen Schultern trägt. Das Kameraauge sucht seinen flirrenden, immer irgendwie in sich gekehrten Blick. Cobain will Mia finden, erst später erfährt man, daß sie seine Mutter ist. Sie könnte auch seine ältere Schwester sein.

Leopold verzichtet auf das großflächige Auspinseln eines Milieus, bleibt lieber ganz dicht bei ihrem Helden. Gänzlich unspektakulär dann auch die Begegnung mit der Mutter, die ihm hochschwanger und rauchend gegenübersteht. Was mache er sich denn für Sorgen um sie? „Mache ich mir Sorgen um Dich? Siehste!“ Dreht sich um und verschwindet im Strom der Passanten. Dann taucht sie doch auf zum Fußballspiel im Park, trinkt zu viel und stürzt ab. Wieder mal. Cobain hält sich. Er büxt bei der Pflegefamilie aus und taucht bei Wickmayer unter, dem ehemaligen Zuhälter seiner Mutter.

Cobain schlüpft in die Rolle des Geldeintreibers und kümmert sich darum, daß die Frauen aus den Federn kommen. Und verliert ein weiteres Stück seiner Unschuld. Adele, eine junge Prostituierte, muß ihm zu Diensten sein, denn er hat sie mit Bargeld erwischt, das ihr nicht zusteht. Zarte Zuneigung vermischt sich mit dem banal Geschäftlichen. Cobain hat gelernt, das nichts umsonst ist. Sich selbst der Nächste sein, das eherne Gesetz. Trotzdem gibt es etwas, das ihn antreibt. Es ist die Sehnsucht, irgendwo hinzugehören. Deshalb will Cobain seine Mutter retten. Das Ungeborene, er und sie, das soll endlich Familie werden.

Die Regisseurin, die sich sonst eher zurückhaltend durch Cobains Alltag tastet, wählt ein drastisches Finale, das nicht so recht in die Tonalität der Erzählstruktur paßt, wie ein surrealer Moment wirkt. Fast scheint sie sich selbst daran erinnern zu wollen, daß wir uns in einem persönlichen Trauma befinden. Einem, das – von Hauptdarsteller Bas Keizer mit unglaublicher innerer Spannung ausgefüllt – zu jedem Zeitpunkt spürbar wird.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...