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Concussion

Belle de jour 2013

Der Baseball ihres Sohnes trifft Abby am Kopf und verursacht eine Platzwunde, eine Gehirn- und andere Erschütterungen. Was soll sie machen mit ihrem Leben, das sich nurmehr wie eine Hülle anfühlt? Abby ist um die 40 und verbringt ihr Leben mit Selbstoptimierung. Ihr Körper ist gestählt vom Cardiotraining im Fitneßklub, sie rennt sich täglich die Seele aus dem Leib, und neben Hausarbeit und Organisation des Familienlebens renoviert sie abgewrackte Apartments, die sie hinterher gewinnbringend verkauft. Sie lebt einen Upper-Middle-Class-Manhattan-Lifestyle. Finanziert durch den guten Job ihrer Ehegattin Kate, die als Scheidungsanwältin arbeitet. Der Freundeskreis ist belesen, das Essen ausgewählt, das Paar hat zwei Kinder.

Den Turn, den Stacie Passon in ihrem Film nimmt, indem sie die Langeweile des bourgeoisen Daseins mit seinen existentiellen Fragen, ob der Fliesenspiegel grau oder doch kaki sein sollte, in einen queeren Kontext setzt, ist nicht Mittelpunkt der Handlung. Keine Frauen-lieben-anders-Geschichte. Die Rollenaufteilung ist klassisch bis ins Bett – auch da findet Abby keine Befriedigung mehr, denn Kate schläft nicht mehr mit ihr. Zu viel Streß im Job, zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Abby beschließt, wieder „zu atmen“ und nimmt das eher beiläufige Angebot von Justin – dem Handwerker ihres Vertrauens – an, sie an junge Frauen auf sexueller Erfahrungssuche zu vermitteln. Ihr frisch gestyltes, neuestes Ausbauprojekt wird zur Spielwiese. Passon setzt dies glossy in Szene, fast scheint sich der Sex im Interieur zu spiegeln – all inclusive für 800 Dollar. Abby will zwar mit den Frauen reden, bevor es in die Seidenlaken geht, aber sie erfährt nicht viel, weder über die anderen noch über sich.

So geht es auch dem Zuschauer. Was nicht schlimm ist, denn Passon postuliert den schnöden Konservatismus, und der ist nun mal nicht besonders spannend. Die queere Szene ist im Establishment angekommen. Jeder ist mittlerweile ein bißchen bi, wählt bestenfalls links und langweilt sich jetzt eben genauso in Seidenlaken und Lofts. Nichts Aufrührerisches oder Hippiemäßiges mehr dabei, keine Ideologie dahinter. Was dann auch schon wieder ein antifeministisches Statement von Passon ist, wenn man so will, denn die Rollen werden in ihrem Film männlich codiert weitergespielt. Die Gesellschaft ist zwar liberaler geworden, lebt aber auch eben diese Werte. Status macht sich dabei an finanzieller Macht und Terrassengrößen fest. Und Frauen müssen immer noch vor allem dünn sein.

Originaltitel: CONCUSSION

USA 2013, 96 min
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Robin Weigert, Maggie Siff, Ben Shenkman

Regie: Stacie Passon

Kinostart: 05.12.13

[ Susanne Schulz ]