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Der Dorflehrer

Von der Erfahrung unerwiderter Liebe

„Geist und Natur“, ein Werk des Biologen, Anthropologen und Philosophen Gregory Bateson, hat Petr dabei, als er aus Prag kommend seine neue Behausung bezieht. In der Wohnküche seines neuen Vorgesetzten, des Direktors der Dorfschule, hinter einem Vorhang, der den Raum abtrennt vom Platz, wo der Fernseher steht und der Ofen, auf dem die Großmutter schläft, richtet sich Petr ein. Niemand im Dorf versteht, warum der junge Mann die Hauptstadt hinter sich gelassen und die Stelle am dortigen Gymnasium aufgegeben hat.

Aber er scheint sich schnell einzuleben. In der Dorfkneipe begegnet er der noch jungen Witwe Marie, die mit ihrem 18jährigen Sohn Lada allein lebt, und eine Freundschaft bahnt sich an, von der sich die Frau bald mehr erhofft. Während er seine Schüler lehrt, daß man sich nur verstehen kann, wenn man die Natur versteht, wird bald klar, daß Petr sich seiner Gefühle selbst nicht sicher ist. Einen Annäherungsversuch Maries weist er brüsk ab, und als schließlich sein Freund aus der Stadt kommt, setzt dies Ereignisse in Gang, in deren Fortlauf sich alle Beteiligten ihren Gefühlen stellen müssen. Die Entscheidung zwischen Vernunft und Verlangen, zwischen Geist und Natur, erweist sich als schwierig, nicht zuletzt, weil sie nach der Akzeptanz unerwiderter Liebe verlangt.

Mit DER DORFLEHRER setzt Bohdan Sláma (WILDE BIENEN, DIE JAHRESZEIT DES GLÜCKS) sein Kino der Melancholie, der schwierigen und scheiternden zwischenmenschlichen Beziehungen fort. Des Eindrucks der Manieriertheit kann man sich hier nicht ganz erwehren, manche Szenen wirken aufgesetzt, und die Dramaturgie erlaubt sich gerade zu Beginn einige Sprünge. Die Symbolik, so das Graben nach Wasser, das Bemühen, einen Brunnen wieder in Gang zu bringen, ist wenig subtil, und der Dialog – mit Sätzen wie „Einsamkeit ist schrecklich.“ – ist zuweilen seltsam naiv.

Eingebettet in die sorgfältig fotografierte sommerliche Landschaft Böhmens und getragen von starken Darstellern – allen voran Pavel Liska als Petr – vermag die Geschichte dennoch zu berühren und unterhält der fehlenden inneren Spannung zum Trotz bis an ihr Ende.

Originaltitel: VENKOVSKY UCITEL

Tschechische Republik/D/F 2008, 110 min
FSK 12
Verleih: Neue Visionen

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Pavel Liška, Zuzana Bydžovská, Ladislav Šedivý

Regie: Bohdan Sláma

Kinostart: 27.08.09

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.