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Der geheimnisvolle Blick des Flamingos

Liebe, Krankheit und Utopie

1982 war AIDS ein sicheres Todesurteil, um die Krankheit und ihre Verbreitung rankten sich viele Mythen. Regisseur Diego Céspedes erfindet noch eine dazu: In seinem in einer nordchilenischen Bergbaustadt angesiedelten Film überträgt sich „die Seuche“ angeblich durch die Blicke von Transsexuellen. Das verbotene Begehren wird mit unvermeidlichem Dahinsiechen bestraft. Trotz ihrer Furcht vor Ansteckung kommen die einsamen Männer der Stadt immer wieder in die Kantine von Mama Boa, um der Wahl von „Miss Alaska“ beizuwohnen, der schönsten Dragqueen der Wüste. Schließlich sind die Damen der einzige Farbtupfer in der kargen Gegend. 

In ihrer kleinen Gemeinschaft von Wahlverwandten stützen sich die Transsexuellen gegenseitig, viele sind schon von AIDS gezeichnet, wie auch die junge Flamingo, der Star der Show. Vor Jahren übernahm sie die Mutterrolle für die nun halbwüchsige Lidia, ein Findelkind. Das junge Mädchen muß zwischen der ungewöhnlichen Frauenkommune und den tiefsitzenden Ressentiments der Umgebung navigieren.

Der Film läßt sich viel Zeit, um sein Panorama zu entfalten. Zu viel Zeit, denn trotz des engagierten Ensembles und des reizvollen Wüstensettings nimmt der Film nur selten Fahrt auf. Stattdessen windet er sich wie eine endlose Landstraße zwischen Coming-Of-Age-Geschichte, Krankheitsparabel und Liebesdrama. In der zweiten Hälfte gesellt sich unverhofft ein starker Schuß Utopie hinzu. Die erzählerischen Leerstellen lassen sich davon jedoch nicht überdecken.

[ Dörthe Gromes ]

Der geheimnisvolle Blick des Flamingos ab heute im Kino in Leipzig