Originaltitel: EL BUEN PATRÓN

Spanien 2021, 120 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Komödie

Darsteller: Javier Bardem, Manolo Solo, Almudena Amor

Regie: Fernando León de Aranoa

Kinostart: 28.07.22

1 Bewertung

Der perfekte Chef

Es lebe die Scheinheiligkeit

Die altmodische Waage am Betriebseingang von „Blanco Waagen“ ist aus dem Gleichgewicht geraten, kein gutes Zeichen für Firmenchef Julio Blanco, dessen ehrwürdiger Familienbetrieb auf die Auszeichnung für exzellente Unternehmensführung hofft. Also stimmt er seine Angestellten in einem Monolog schon mal auf den bevorstehenden Besuch der Preisverleihungskommission ein: Im Grunde seien sie wie Kinder für ihn …

Und wie unmündige Wesen, die nicht wissen, was gut für sie ist, behandelt er sie denn auch. Wobei das für Blanco in erster Linie bedeutet: gut für die Firma. Alles, was dem Betriebswohl im Wege steht, muß beseitigt werden; seien es nun von der Arbeit ablenkende Liebeshändel oder ein Ex-Angestellter, der vehement gegen seinen Rauswurf protestiert. Als vereinnahmender Pater familias versucht Blanco, seine Untergebenen mit allen Mitteln in seinem Sinne zu lenken. 

Das Wort „Chef“ im deutschen Filmtitel umschreibt Blancos Selbstverständnis nur unzureichend. Hingegen enthält der spanische Ausdruck „patrón“ auch eine religiöse Komponente: Ein Patron ist unter anderem ein Schutzheiliger, ein guter Hirte. Aber eben auch ein Gebieter über Leben und Tod der ihm von Gott anvertrauten Menschenherde. Der Firmenlenker verkörpert somit die patriarchale Weltordnung, den alten weißen Mann. Kein Wunder, daß es eine junge Frau ist, die seine sorgsam austarierte Welt ins Wanken bringt.

Den bitteren Ernst hinter dieser Entblößung der gut geölten Mechanismen der Macht fängt DER PERFEKTE CHEF mit bitterbösem Humor auf. Die Groteske ist die Gegenperspektive zur Arbeitslosen-Tragikkomödie MONTAGS IN DER SONNE, die Regisseur Fernando León de Aranoa international bekannt machte. Doch das Thema ist im Grunde dasselbe geblieben: Die Zurichtung des Menschen durch die Erfordernisse des kapitalistischen Arbeitsmarktes.

Auch damals spielte Javier Bardem die Hauptrolle, einen rebellischen Jobverlustigen. 20 Jahre später ist er selbst der arrivierte Arbeitgeber mit angegrauter Fönfrisur. Ein distinguierter Schleim-bolzen mit ausgestellt guten Manieren, der im Innern nur Verachtung für seine Mitmenschen übrig hat. Bardem in dieser Rolle zu sehen, die weit entfernt ist von den vierschrötigen Typen, die er sonst oft verkörpert, ist ein wahres Vergnügen!

[ Dörthe Gromes ]