D 2021, 103 min
FSK 12
Verleih: Constantin

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Andrea Sawatzki, Maria Happel, Nilam Farooq, Samuel Schneider

Regie: Doris Dörrie

Kinostart: 01.09.22

3 Bewertungen

Freibad

Von FKK-Omas und Burkini-Schlampen

Doris Dörrie konnte nicht geahnt haben, daß das Sujet ihres neuen und – so viel vorab – wunderbar komischen Films im Sommer 2022 von derartiger Aktualität sein würde. Und da denke ich nicht an Waschlappenempfehlungen anmaßender Politiker oder generell an Energieknappheit; eher an ein Zuviel an Energie, mieser Energie wohlgemerkt. Denn bis eben noch taugte das Freibad zum Ort sorgloser Abkühlung, der Seelenbaumelei, erfrischender Zusammenkünfte bei schönstem Wetter. Daß längst Gewitterwolken aufgezogen sind, weiß jeder, der sich die Massenschlägereien von meist jüngeren arabischen Männern nicht weichframen lassen will.

Doch gottlob geht es darum nicht in Dörries Werk, einer hintersinnig witzigen und oft zum Niederknien bissigen Komödie, denn hier gibt es gar keine Männer! Wir befinden uns im einzigen Frauenfreibad Deutschlands. Dörrie erzählt schon auch vom Clash der Kulturen, aber ohne Empörungsspeichel, einfach gut beobachtet aus den teils skurrilen Figuren heraus, von denen wohl auch jede ihre eigene Sicht auf Feminismus hat. Im Zentrum stehen die beiden in die Jahre, teils unters Messer oder halt in die Breite geratenen Freundinnen Eva und Gabi, die sich aus ganz unterschiedlichen Motiven daran reiben, als plötzlich eine Schar verhüllter Frauen das Bad bevölkert, sich die Schattenplätze schnappt und generell in diesem bisher friedlichen Ort für reichlich Unruhe sorgt. Alles wird anders: Der Burkini übernimmt im Schwimmbecken, auf dem Grill löst das Lamm die Sau ab, noch wird geflüstert, doch das Geschrei, welch’ Glück, das wird folgen ...

Dörrie gelingt es, wie aus dem Handgelenk geschüttelt und ohne gleich ein Politikum aus allem zu machen, von Bodyshaming, kulturellen Unterschieden, einem in Schieflage geratenen Frauenselbstbild, Zwangsverschleierung und der Kollision antiquierter mit frischeren Idealen zu erzählen. Es gibt brüllkomische Momente und auch anrührende Szenen, in denen übers Altwerden und Sturheit reflektiert wird und sich manche „FKK-Oma“ und „Burkini-Schlampe“ über Gebühr aufbläst. Dörrie entblättert Generationskonflikte und erzählt von unverwüstlichen Weiberfreundschaften.

Unbedingt ein Wort zu Andrea Sawatzki, die die kaiserliche Eva gibt: Sie spielt in die Vollen, ist mutig im Körpereinsatz, feuert Giftpfeile ab, trumpft auf und ist zerbrechlich zugleich und läßt uns als Zuschauer fragend zurück, warum sie nur so selten im Kino zu sehen ist.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.