Originaltitel: RETFÆRDIGHEDENS RYTTERE

DK 2020, 116 min
FSK 16
Verleih: Splendid

Genre: Komödie

Darsteller: Mads Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas, Lars Brygmann, Nicolas Bro

Regie: Anders Thomas Jensen

Kinostart: 23.09.21

3 Bewertungen

Helden der Wahrscheinlichkeit

Rache ist Blutwurst, Stochastik ist Krautsalat

Mit dem Namen Anders Thomas Jensen verbindet sich eine Spielart des dänischen Kinos, die als mehrheitsfähig gilt. Wenn er also nicht nur dienender Drehbuchautor, zum Beispiel für die Filme von Susanne Bier, sondern auch Regisseur sein darf, pflegt er eine Handschrift, die sich gut entziffern läßt – und trotzdem den Charme der Sauklaue versprüht. Diese doch sehr sorgfältig hergestellte Rüpel-Attitüde, die rotznäsige Lust am Matschen mit Blut, Schweiß und Tränen, machte etwa DÄNISCHE DELIKATESSEN oder ADAMS ÄPFEL zu Publikumslieblingen. Aber Jensen hat nicht nur Stammgäste, sondern auch festes Personal, allen voran den Charakterkopf Mads Mikkelsen.

In diesem mit aller Kraft verdrehten und verbogenen Heldenstück spielt Mikkelsen den Berufssoldaten Markus, der vom Auslandseinsatz zurückkommt, um seiner halbwüchsigen Tochter in der Trauer beizustehen: Die Mutter ist tot, ein Zugunglück. Oder doch ein Anschlag? Das vermutet zumindest Otto, der die Katastrophe nur durch einen Zufall überlebte. Aber was heißt hier Zufall?! Ebendieser Otto ist als ausgebildeter Statistiker ein echter Profi-Vermuter. Deshalb weiß er natürlich genau, daß es Zufälle gar nicht gibt. Er überzeugt seinen Kollegen Lennart und den Gesichtserkennungsspezialisten Emmenthaler, der Sache nach allen Regeln der computergestützten Datenauswertung auf den Grund zu gehen. Aller Wahrscheinlichkeit nach, so zeigen die Hochrechnungen, wurzelt das Mordkomplott im Bandenmilieu. Witwer Markus stellt dem Expertenteam seine Scheune als Lagezentrum zur Verfügung, schult die drei Schreibtischkämpfer an der Waffe und übernimmt die Führung des Rachekommandos. Auf sie mit Gebrüll!

Das Gebrüll, also die Allzudeutlichkeit, ist möglicherweise die größte Schwäche von Jensens dunkelhumoriger Rache-Komödie. Es gibt „überraschende Wendungen“, die man so laut antraben hört, daß sich bald sogar ein bißchen Gewöhnung einstellt. Es gibt Motiv-, Indizien- und Beweisketten, die wie gebügeltes Lametta über den Geschehnissen hängen. Es liegt, steht und fliegt überhaupt allerhand herum: Fahrräder, ein Waldhorn, Strickjacken, Pizzareste, Leichen, Traurigkeiten, Neurosen, Verzweiflungen – und Lebensweisheiten. Bestimmt findet sich in den Kulissen auch noch irgendwo eine Tüte, in die man sich nach Belieben etwas zum Mitnehmen einpacken lassen kann.

[ Sylvia Görke ]