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Hochzeitspolka

Ein Tanz der Vorurteile

Es ist ein Déjà-vu: Hatte man Christian Ulmen nicht erst vor Kurzem mit einem weißen Sportwagen durch sonnengetränkte Landschaften sausen sehen, auf der Flucht vor der italienischen Verwandtschaft seiner zukünftigen Frau? Er, käsebleich, leicht schwammig, so ganz der deutsche Prototyp eines intellektuellen Mittelschichtsökoyuppies? Nach MARIA, IHM SCHMECKT’S NICHT gibt Ulmen nun in Lars Jessens polnisch-deutschem Hochzeitsdisaster den ungeliebten Bräutigam. Er immer noch bleich, wesentlich schwammiger, paßt sich diesmal farblich besser an die grau abgelichtete polnische Provinzwelt an.

Dort in Polen ist er, der Frieder Schulz, Geschäftsführer eines deutschen Unternehmens, wenig angesehen bei seinen Angestellten, genauso wie bei seiner zukünftigen Frau Gosia. Die nimmt ihn eher wegen vermuteter materieller Qualitäten. Doch am Abend vor der Hochzeit werden ihr die Augen geöffnet. Die Kumpels aus Frieders Vergangenheit stehen vor der Tür, die Bandmitglieder von „Heide Hurricane“, mit denen er noch vor kurzem jeden Saal nördlich von Itzehoe zum Brodeln brachte. Kann es also sein, daß jener spießige Frieder im grauen Zweireiher in Wahrheit ein wilder Hardrocker ist, ein echter Frauenheld? Jessen verlangt dem Zuschauer schon eine ganze Menge Vorstellungskraft ab, daran zu glauben.

Denn weder der innere Konflikt des Frieder, der ihn zwischen Rock’n’Roll und bürgerlichem Eigenheim schwanken läßt, noch der Bruch, den es zwischen ihm und seinen Freunden gegeben haben mag, erschließen sich. Statt dessen gibt es die gute alte Show der deutsch-polnischen Vorurteile: Die polnische Wurst ist fettig, die Deutschen halten sich für was Besseres und haben kein Herz, die Polen können gut trinken und feiern, die Deutschen glauben, polnische Mädchen sind leicht zu haben. Das Ganze eskaliert zu einer regelrechten kleinen Schlacht, in der Frieder versucht, den guten Polen zu mimen. Klamaukartig bricht die Band schließlich stilecht im Polksi-Fiat zur Flucht auf, um das feindliche Gebiet zu verlassen, doch ein kleiner Unfall bringt dann doch die Versöhnung. Zumindest in diesem Film.

Es liegt gewiß eine Chance darin, polnisch-deutsche Konflikte einfach mal wegzulachen. Aber hier hätte man das Szenario schon etwas komplexer anlegen dürfen, denn Ulmen als schluffigen Schwiegersohn in spe kuckt man sich höchstens nur einmal an.

D/Polen 2010, 90 min
FSK 0
Verleih: X Verleih

Genre: Komödie

Darsteller: Christian Ulmen, Katarzyna Maciag, Fabian Hinrichs, Waldemar Kobus, Lucas Gregorowicz, Jens Münchow

Regie: Lars Jessen

Kinostart: 30.09.10

[ Susanne Schulz ]