Originaltitel: INTO THE WOODS

USA 2014, 124 min
FSK 6
Verleih: Disney

Genre: Märchen, Musikfilm

Darsteller: Meryl Streep, Emily Blunt, James Corden, Johnny Depp

Regie: Rob Marshall

Kinostart: 19.02.15

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Into The Woods

Die wundersame Vermehrung der Zeit

Im Märchenwald herrscht derzeit hektische Aktivität: Rotkäppchen will zwecks Fressalienlieferung zur Oma pilgern, Cinderella spielt „Schwer zu kriegen“ in der Absicht, so einen Prinzen zu umgarnen, Rapunzel übt den Männerfang per Blondhaarwurf, Bohnenranken-Jack muß seine Lieblingskuh verschachern, und nebenher sucht ein Bäckerspaar nach vier von der Nachbarshexe offensiv angefragten Dingen. Selbige sind nötig, um den seitens jener rachsüchtigen alten Schachtel (sauer wegen durch geklaute Rohkost, konkret magische Bohnen, verlorener Schönheit) auferlegten Fluch der Kinderlosigkeit zu brechen.

Ergo latscht das Volk nun quer im Gehölz umher, wobei Regisseur Rob Marshall beweist, was er seit CHICAGO verlernt hat, nämlich fast alles. Brav läßt Marshall sein Ensemble – mittenmang nervig quietschende Jungmimen, Emily Blunts bezaubernde Bäckerin, Meryl Streep als Hampelhexe zwischen Gekreisch und Trauerstimmung ob der töchterlichen Undankbarkeit oder Johnny „Der böse Wolf“ Depp mit imposantem Schwanz – abfilmen, wie es einander immer mal wieder begegnet und, weil’s ja ein Musical ist, anträllert. Voller gnadenloser Entschlossenheit, Texten auf „Reime Dich, oder ich fresse Dich“-Niveau und identisch klingender Dudel-Melodien. Kein Ohrwurm, kein Highlight, kein irgendwie nachdrückliches Lied. Einzige Ausnahme: Berichten zwei mimisch und stimmlich gleichermaßen unbegabte Prinzen wechselseitig von „Agony“, begreift man die Bedeutung dieses Wortes erst richtig.

Wenn der Bilderrausch zur Normalität gerät, die Kostümpracht kaum mehr beeindruckt, dann bleibt wenig Positives zu sagen übrig. Sollte er daher vielleicht ein Anflug Selbstironie sein, der beim x-ten Fluchtversuch Cinderellas vom Off-Erzähler ausgestoßene Seufzer: „Again ...“? Schön wäre es, aber die Wahrscheinlichkeit tendiert gegen null; dagegen sprechen das bierernste Erzählen und Reinstopfen von allerlei vermeintlich düsteren Erwachsenenthemen.

Was gleich einen Rat impliziert: Sollten Sie beim prunkvollen Happy-End-Vorpreschen erleichtert den letzten Schluck Kaltgetränk schlürfen und schnell sämtliche Popcorn-Reste verspeisen wollen, sparen Sie den Proviant. Denn der Schluß naht beileibe nicht, erst müssen urplötzlich ohne erkennbaren tieferen Sinn noch einige Figuren über den Jordan gehen. Ein weiterer Grund, weshalb sich zwei Stunden hier wie acht anfühlen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...