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König von Deutschland

Gelungene Satire mit TRUMAN SHOW-Anstrich

Die Zeichen stehen schlecht: Wenn einer seine Frau „Bienchen“ nennt, mit dem Nummernschild „NO-RM 0815“ durch die Gegend fährt, einen über Nacht zum Veganer mutierten Sohn zu Hause sitzen hat und Thomas Müller heißt, statistisch gesehen der totale Durchschnittsname ... Nö, das wird nix mit dem aufregenden Leben. De facto ist Thomas tatsächlich ein vollkommen angepaßter Bürger, die personifizierte Spießigkeit. Vielleicht davon abgesehen, daß er nachts von seiner heißen Kollegin träumt, denn Bienchen zeigt nach 18 langen Ehejahren kaum mehr erotisches Interesse.

Gerade steht trotzdem – klar! – ein Hauskauf an, was blöd ist, hat Thomas doch just den Job verloren. Aus Angst vor Bienchens Zorn wird das verschwiegen, zufällig bietet Thomas’ Zufallsbekanntschaft Stefan (attraktiv, erfolgreich und smart auf aalglatte Art) eine neue Stelle an. Was für’n Glück! Ein mit seinen dämlichen Baukastenfragen perfekt auf den Punkt inszeniertes Vorstellungsgespräch später hat Thomas ein eigenes Büro und dort eigentlich nix zu tun. Bis ihm auffällt, daß hier manches nicht stimmt.

Die Odyssee eines liebenswerten Simpels als Komödie aus deutschen Landen – man durfte skeptisch sein, siehe Texteinleitung. Doch entspannen wir uns, denn das Ganze funktioniert in relativer Humorzurückhaltung, unterfüttert von TRUMAN SHOW-Anleihen und mit trefflicher Besetzung. Olli Dittrich: brillant. Wanja Mues: schön schleimig. Katrin Bauerfeind: eine Entdeckung. Selbst Veronica Ferres verleiht dem borstigen Bienchen Kontur und wirft sich nebenbei unerschrocken in schauderhafte Oma-Blusen, passend zur nicht minder furchterregenden Tapete. Angenehm auch, von welchem Spieltrieb beseelt Regie und Buch ihre Mittel ausreizen, vor nervtötender Übertreibung aber stets die Notbremse ziehen.

Das standardisierte Finale läßt man deswegen gutmütig unbekrittelt, preist lieber den klug gewählten Starttermin: Sich so kurz vor der Bundestagswahl satirisch und fern polternden Stammtischgelabers vor Augen zu führen, was die Politik ihren braven Lämmern alles wegschert, wie sie manipuliert und linkt, das paßt. Und macht KÖNIG VON DEUTSCHLAND gar zum zeitgeistigen Wolf im höchst unterhaltsamen Schafspelz. Ohnehin einen, dessen Sprüche man statt des üblichen Slogan-Wustes gern innerstädtisch plakatiert sähe. Wie diesen Sofort-Klassiker: „Raus aus dem Stau – Zeit für die Frau!“

D 2013, 97 min
FSK 0
Verleih: Zorro

Genre: Satire, Komödie

Darsteller: Olli Dittrich, Veronica Ferres, Wanja Mues, Katrin Bauerfeind, Jonas Nay

Stab:
Regie: David Dietl
Drehbuch: David Dietl

Kinostart: 05.09.13

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...